Seite:De DZfG 1893 10 011.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

diese Hinwegräumung des hauptsächlichsten Anstosses nicht erreicht. Sehr kritische Geister hätten Erlaubniss zu finden, dass ein Irrthum Scheurl’s nicht ausgeschlossen sei; insbesondere da andere, in seinem Ausspruch nicht berührte Schwierigkeiten bestehen blieben. Zum Glück ist es möglich, diese letzte Ausflucht, irre ich mich nicht ganz, zu versperren. Am 7. October 1518 hatte der päpstliche Vicekanzler Julius de Medici an den Cardinal Cajetan in einer Weisung, in der die Auslieferung der goldenen Rose an Friedrich von Sachsen abhängig gemacht wurde von dessen Verhalten in Sachen Bruder Martin’s, folgendes[1] angeordnet: „Und in der genannten Sache Bruder Martin’s halte sich E. H., wie es ihr gut scheint; und hinsichtlich der Ausfertigung, welche E. H. übersandt wurde, kann sie den Ausweg einschlagen, welchen sie für passend erachtet. Und in Betreff ihrer (d. h. der Ausfertigung) ward geurtheilt, dass in notorischen oder offenbaren Sachen keine weitere Förmlichkeit oder Ladung stattfände.“

Daraus erhellt erstens unwidersprechlich, dass eine Verfügung von Rom aus ergangen war, worin, ganz wie im Breve vom 23. August, wegen Notorietät der Sache von der förmlichen Ladung (d. h. der Ansetzung eines Verhörs) abgesehen war. Warum beide nicht identisch sein sollten, ist schlechterdings nicht abzusehen.

Weiter ergibt sich aus der hier zum ersten Mal verwertheten Stelle, dass man hinsichtlich dieses Breve von Rom aus schon in einem Zeitpunkt den Rückzug beschlossen hatte, da Luther noch gar nicht vor Cajetan’s Antlitz getreten war. Auch für die gesammte Stellung des Papstes ist dieser abermalige Wandel von hohem Interesse.

Nur verhältnissmässig Weniges bleibt noch hinzuzufügen. Da das Breve als echt von Rom selbst anerkannt ist, wird man sich mit den „Enormitäten“ seines Inhalts eben zurechtfinden müssen, wobei allenfalls der Trost bleibt, dass die Art der Ueberlieferung kleinere Textentstellungen wenigstens nicht ausschliesst.

  1. Archivio storico Italiano ser. III, vol. 24 p. 23: Et in decta causa di Frate Martino, V. S. se ne governi come li pare; e per la expeditione che se li mando, quella potea tenere quel verso che la judicava expediente; et di qua fu judicato che ne le cose notorie et publiche non accadessi altra solennita o citatione.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_011.jpg&oldid=- (Version vom 24.6.2023)