Seite:De DZfG 1893 10 047.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

ist übrigens nicht zu zweifeln, zumal da ihr der historische Zusammenhang zur Seite steht. Die beutereichen, mehrere Jahrzehnte lang fortgesetzten Meerfahrten Geiserich’s waren der Staatskasse vortrefflich zu Gute gekommen; seit 475, seit Abschluss des sog. ewigen Friedens, hörten alle Piraterien auf, und Hunerich war jetzt darauf bedacht, den sehr erheblichen Ausfall auf anderem Wege zu decken!

Schon aus der bisherigen Darstellung erhellt, dass Hunerich nicht aus aufrichtiger Sympathie für Byzanz und die Katholiken sich anfangs so nachgiebig bewies; der wahre Grund dieser Mässigung war das Bewusstsein, dass die Macht der Vandalen seit Geiserich’s Tode geschwächt war, und dass insbesondere seine eigene Herrschaft auf schwachen Füssen stand. Wohl schon seit Geiserich’s letzter Zeit war die kriegerische Tüchtigkeit der Vandalen in Folge der Einwirkung des verweichlichenden Afrikanischen Klimas erschlafft. Hunerich besass keine einzige der grossen Herrschereigenschaften seines Vaters; dazu fielen unter seiner (Hunerichs) Regierung die Mauren, wenigstens theilweise, vom Vandalenreiche ab, so z. B. die Mauren des an der Südgrenze von Numidien gelegenen Berges Aurasius oder Auress[1].

Während seiner katholikenfreundlichen Periode war Hunerich auf echt Orientalische Weise bemüht, seinem Sohne Hilderich, mit Umgehung des vom Vater erlassenen Hausgesetzes, welches, wie dies noch jetzt im Türkischen Reiche seit den Tagen Suleiman’s des Grossen üblich ist, den jedesmal ältesten Angehörigen der Dynastie in unmittelbarer Descendenz von Geiserich selbst, zum Thronerben bestimmte[2], die Nachfolge zu sichern.

Um diesen Zweck zu erreichen, beging er gegen sein eigenes Volk, ja gegen seine eigene Familie, gegen die Familie seiner Brüder Theoderich und Genzo, sowie gegen alle Anhänger derselben unter dem Vandalischen Adel die schrecklichsten Grausamkeiten; ja er, der eifrige Arianer, liess sogar einen Bischof seiner Secte, den Patriarchen Jucundus, lebendig verbrennen, weil er mit

  1. Vgl. Procop., Bell. Vand. I c. 5. 8, Prisc. p. 218 c. 10, Malch. l. c.
  2. Vgl. Vict. Vit. II c. 5 bezw. II c. 13, Procop., B. V. I c. 7, Dahn, Art. Geiserich a. a. O. p. 572 f. und Zink a. a. O. p. 31, Anm. 1.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_047.jpg&oldid=- (Version vom 6.4.2023)