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die Frage vorlegen, welches denn der Grund der Aechtung gewesen sei. Zunächst muss auffallen, dass wir nach einem solchen Grunde zu suchen haben, dass Staufischerseits nirgends der Versuch gemacht wird, einen solchen Grund anzugeben.

Die Weigerung Heinrich’s, die Regalien auszuliefern, kann keinerlei Grund zur Aechtung hergegeben haben. Staufische und Welfische Berichte gehen zwar in manchen Punkten aus einander; darin stimmen sie überein, dass diese Angelegenheit zur Zeit der Aechtung erledigt war.

Man hat behauptet, der Grund der Verurtheilung sei der gewesen, dass Konrad es für unzulässig erklärt habe, dass ein Herzog zwei Herzogthümer besitze. Aber weder ist uns überliefert, dass Konrad diesen Grund für die Aechtung angegeben habe[1],

  1. Der einzige, auf den man sich gewöhnlich beruft, Helmold, sagt dies nicht; schon deswegen nicht, weil er die Aechtung überhaupt nicht berichtet. Helmold hat die Vorstellung, dass sofort beim Tode Lothar’s neben Heinrich dem Stolzen, dem Lothar das Herzogthum Sachsen „gegeben“ hatte („dedit“ I, 54 in.), auch Albrecht als Prätendent aufgetreten sei. Nachdem Konrad gewählt ist, will er Albrecht im Herzogthum halten und führt zu dessen Gunsten an, es sei nicht recht, dass ein Fürst zwei Herzogthümer habe; Heinrich nämlich „beanspruchte“ (sibi vendicabat) die zweifache Herzogswürde. Mehr als einen solchen Billigkeitsgrund referirt nicht einmal Helmold. Uebrigens ist in seiner Erzählung der Kampf Heinrich’s gegen Albrecht die Hauptsache, der Kampf Heinrich’s gegen den Kaiser ein Ereigniss, das ohne Motivirung eingeführt und nur deswegen erwähnt wird, weil Heinrich in diesem Kampfe seinen Tod fand. Für Helmold ist Heinrich der Stolze (oder wie er ihn noch, der späteren Unterscheidung zwischen Vater und Sohn unkundig, nennt: der Löwe) Herzog von Sachsen; er weiss wohl, dass König Konrad sich einmal gegen die Cumulirung ausgesprochen habe, aber nichts von einem Urtheilsspruch: auf den Vater folgt der Sohn, als ob nichts vorgefallen wäre. (Helmold I, 54: „Statim enim, ut corpus defuncti cesaris [Lotharii] perlatum est in Saxoniam et Lutture tumulatum, orte sunt seditiones inter Heinricum, regis generum, et Adalbertum marchionem, contendentium propter ducatum Saxonie. Conradus autem rex in solium regni levatus, Adalbertum in ducatu firmare nisus est, iniustum esse perhibens, quemquam principum duos tenere ducatus. Nam Heinricus duplicem sibi vendicabat principatum, Bawarie atque Saxonie. Bellabant igitur hii duo principes, duarum sororum filii, intestinis preliis, et commota est universa Saxonia – – –“. I, 56: „Postquam igitur Heinricus, gener Lotharii regis, auxilio socrus Rikenze imperatricis ducatum obtinuit et nepotem suum Adalbertum Saxonia deturbavit, Adolfus comes rediit in cometiam suam. – – – Post hec Heinricus Leo [= Superbus] cepit armari adversus Conradum regem, duxitque contra eum exercitum in Thuringiam, ad locum,
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_077.jpg&oldid=- (Version vom 8.4.2023)