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ob jener Herrscher damals auch die Krone empfangen, ist dann Ranke in seiner Weltgeschichte VII, 287 mit folgenden Worten eingegangen: „Dass Rudolf zugleich auch gekrönt worden sei, finde ich nicht; die Reichskleinodien hatten die Fürsten eben nicht in ihren Händen“. Während sich Manitius[1] ausdrücklich dieser Ansicht anschloss, ist ihr Heyck[2] unter Berufung auf eine Stelle der Chronik des Klosters Eberheimmünster im Elsass entgegengetreten. Dieselbe berichtet nämlich, dass Heinrich den dortigen Abt Adelgaudus, den Sohn einer Nichte Rudolf’s, abgesetzt und vertrieben habe, da in jenem Kloster heimlich eine Krone für Rudolf angefertigt worden sei[3]. Diesen Worten glaubte Heyck entnehmen zu dürfen, dass die Krone auf Veranlassung Rudolf’s und, weil heimlich, auch schon vor dem Tage von Forchheim geschmiedet sei. Damit würde nun nicht nur die Annahme, dass Rudolf gekrönt sei, gestützt werden, sondern man könnte mit Heyck weiter schliessen, dass Rudolf selbst seine Wahl gewünscht und erwartet hat. Von derselben Auffassung wie Heyck lässt sich auch Giesebrecht[4] leiten, nur dass er der erwähnten Quellenstelle nicht unbedingt Glauben schenkt.

Jedenfalls kann gegen die von Heyck und Giesebrecht aus jener Mittheilung der Chronik von Ebersheim gezogenen Folgerungen eingewendet werden, dass man aus einer heimlichen Anfertigung der Krone nicht ohne weiteres auf eine Anfertigung vor der Wahl schliessen darf. Denn das Elsass stand bekanntlich mit Ausnahme der von Hirschau aus reformirten Klöster auf Seiten Heinrich’s[5], so dass Geheimhaltung bei der Anfertigung einer für seinen Gegner bestimmten Krone auch nach dessen Wahl geboten sein mochte. So darf man die Frage, ob Rudolf in Mainz gekrönt wurde, nicht allein mit Hilfe der genannten Chronik lösen; zugleich wird auch die aus jener Aufzeichnung von Heyck gezogene Folgerung hinfällig, dass Rudolf schon vor dem Forchheimer Fürstentage, die Absicht gehegt, sich später selbst zum Könige wählen zu lassen. Suchen wir also zunächst die Frage, ob Rudolf am 26. März 1077 auch gekrönt ist, auf andere Weise zu beantworten!

Die Ansicht Ranke’s, dass Rudolf damals nur geweiht wurde,

  1. Deutsche Gesch. unter den Sächs. u. Sal. Kaisern S. 563 mit Note 3.
  2. Gesch. der Herzoge von Zähringen S. 77 Note 2.
  3. Chronicon Ebersheimense SS. XXIII p. 444: Henricus imperator Adelgaudum abbatem expulit ac deposuit, quia filius Judite filie sororis eiusdem Rudolfi fuit et maxime quia corona, quam sibi imposuit, secreto in monasterio fabricata fuerit.
  4. Deutsche Geschichte III, 5 S. 435.
  5. Vgl. Giesebrecht S. 439, 443, 468.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_107.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2023)