Seite:De DZfG 1893 10 113.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

ehrlichen Leuten von Stande wird, wenn sie andere um eine Gabe ansprechen sollen und noch nicht dazu gewohnt sind; So werden Ew. Exc. verhoffentlich schon den ganzen Rest des Auftrages im voraus erkennen, auch mir zu Gnaden zu halten geruhen, wenn ich demselben hie so wie er geschehen ist mich nicht entziehe.

Der Gross-Canzler hatte mir vorhin zu verschiedenen Mahlen und bey Gelegenheit derer klagen über die hier nicht mehr auszustehende überflüssige Depensen – – – seine dürfftige häussliche Umstände, und dass er so wohl als der Vice-Canzler gemeinschaftlich genöthigt sein würden, bey der Kayserin um eine ausserordentliche Gnade anzuhalten, zu erkennen gegeben, massen es platterdings ohnmöglich sey, dass er mit seinem Apointement von 7000 Rubeln, wozu er ohngefähr noch 8000 Einkünfte von seinen, von der Kayserin ihm geschenkten Güthern geniesse, und womit er als ein Premier Ministre Standesmässig leben solle, auskommen, noch sich aus seinen grossen Schulden reissen, ja nicht einmal vor seinem Aufbruch nach Moscau, nur seinen kleinen Schuldnern gerecht werden könne.

Den discours hatte er mir schon etliche mahl gehalten, als er an der vorigen Mittwoche und Donnerstags mir mit Stocken und Stammern zu verstehen gab, dass ihm was auf dem Herzen läge, worüber er mich als einen alten Freund schon lange sprechen und ersuchen wollen, – – –. Er sey mehr als banquerot; Alles, was er gehabt, sey versezet, und wenn er auch nur 100. Ducaten solte aufnehmen, so wisse er sie nicht zu finden; Seiner Kayserin Unterthanen im Lande zu plündern, so als leyder jezt ein jeder seiner Mitbrüder thäte, davor solle ihn Gott behüthen; wenn er unerlaubte Mittel brauchen wollen, hätte er vorlängst sich bereichern und dazu noch täglich von gewissen auswärtigen Mächten Gelegenheit finden können; Allein, so wie er dieses nie gethan, vielmehr, wie mir selbst gar wohl wissend, alle dergleichen ansehnliche zu 100/m. Rubeln von Preussen und Frankreich anofferirte Summen ausgeschlagen, seiner Kayserin treulich angezeiget, und allemahl bey einerley Systeme vor die gute Sache und natürliche Freunde dieses Hofes ausgehalten und gelitten, auch noch leyde, So woll er jenes auch ferner nicht thun; doch gehe ihm das Wasser nun bis über den Mund, dergestalt dass er iezt gezwungener Weise und als ein armer Supplicante, seine Zuflucht zu solchen Höfen, so zu reden zu Einsammlung einer Collecte oder freywilligen Beysteuer, nehmen müsse, vor derer Interesse er jedesmahl nicht aus Absichten, sondern wahrer Ueberzeugung und Dienst-Eyfer für diesem Reich und seine Souveraine zu arbeiten bemühet gewesen; hätte er dennoch nicht allezeit, so wie er gewünschet dienen zu können reussiret; So habe er doch sein Bestes gethan und wenigstens

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_113.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2023)