Seite:De DZfG 1893 10 138.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

Duchesne zu nennen[1]. Der Verfasser räumt darin endgültig mit all den confusen und schlecht verdauten Ansichten über den heiligen Martial von Limoges auf und thut dar, dass, während Gregor von Tours diesen Heiligen im 3. Jahrhundert leben lässt, man erst im 9. Jahrhundert ihn als Apostel bezeichnet und zu einem Schüler des heiligen Petrus gemacht hat. – Unter dem Titel „Nouveau recueil des inscriptions chrétiennes de la Gaule antérieure au 8. siècle“[WS 1][2] hat Leblant einen höchst interessanten Anhang zu seinem berühmten Corpus veröffentlicht. Es herrscht hier dieselbe Gelehrsamkeit, dieselbe Zuverlässigkeit aller Angaben, dieselbe Kritik, milde gegenüber den geschichtlichen Persönlichkeiten, unerbittlich gegen Legendenbildung und falsche Verherrlichung. – Erwähnt sei hier endlich noch die Dissertation J. Lahargou’s, „De schola Lerinensi aetate merovingica[3].

2. Merovingische Zeit. In den von einigen Freunden Fustel’s de Coulanges herausgegebenen Nouvelles recherches sur quelques problèmes d’histoire[4] sind dieser Epoche mehrere Aufsätze gewidmet; ich nenne Untersuchungen über einige strittige Punkte in den leges barbarorum, z. B. über die lex Chamavorum, über das Capitulare von Kiersy und über die Titulatur der Merovingischen Könige. In letzterem Aufsatz bekämpft Fustel, man weiss nicht recht warum, ohne der Frage sonst die mindeste Bedeutung beizulegen, die vor einigen Jahren von J. Havet aufgestellte Theorie über den bekannten Ausdruck vir inluster, wofür nach Havet durchweg viris inlustribus zu lesen ist. Der Verfasser des vorliegenden Berichtes hat die Frage neuerdings untersucht[5] und ist nach eingehender Prüfung der für beide Ansichten vorgebrachten Argumente zu dem Schlusse gelangt, dass die Einwürfe Fustel’s jedes thatsächlichen Untergrundes entbehren und dass er Havet’s Aufstellung nicht zu erschüttern vermocht hat. Ja, einige von Fustel’s Einwendungen zeigen eine für diesen erlesenen Geist sehr merkwürdige Unkenntniss der Grundregeln der Diplomatik und eine ganz erstaunliche Voreingenommenheit.

Auf dem Gebiete der hierher gehörigen Specialforschung ist ziemlich viel gearbeitet worden. Vor einigen Jahren hatte Kohler, indem er nachwies, dass die Vita der hl. Genoveva von Paris

  1. Annales du Midi Juli 1892.
  2. Vgl. Bibliogr. ’93, 162.
  3. Vgl. Bibliogr. ’93, 202.
  4. Vgl. Bibliogr. ’92, 2550.
  5. A. Molinier, Les rois mérovingiens ont-ils porté le titre de „vir inluster“? Examen critique d’une nouvelle théorie. (RH 50, 273–81.)

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Schließendes Anführungszeichen fehlt.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_138.jpg&oldid=- (Version vom 15.4.2023)