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gegeben. Eine „Friedenspartei“ in dem Sinne, wie die Nachwelt so lange geglaubt, hat es in Frankfurt nicht gegeben. Denn es ist nicht wahr, was Müffling nachträglich behauptet, dass die Monarchen eine Fortsetzung des Krieges „weder nothwendig“ noch „rathsam“ erachteten. Daran, dass Napoleon einen Frieden schliessen werde, wie ihn die Eröffnungen an St. Aignan enthielten, hat nachweislich kein Mensch geglaubt, nur die Ablehnung jedes, auch des massvollsten Friedensprogramms wollte man sich durch diese Verhandlung verschaffen als Waffe gegen den Kaiser selbst, einen faulen Frieden aber hat Niemand vorgeschlagen. Nicht über das Ob?, nur über das Wie? der Fortsetzung des Krieges ist gestritten worden. Wenn aber auch das Ob? selber nachträglich in Frage gekommen wäre, dann hätte das lediglich das Veto des Kaisers Alexander gegen den ganz unumgänglichen Einmarsch in die Schweiz verschuldet. Man braucht, um sich davon zu überzeugen, nur die wahrhaft verzweiflungsvolle Denkschrift zu lesen, die Radetzky hierüber am 13. December in Freiburg geschrieben hat und in der er nachweist, dass man nur noch eine Wahl habe, entweder schleunigen Einmarsch in die Schweiz oder „die Schande eines Rückzuges ohne Noth und ohne Ursache“[1].

In den Anfang dieser Zeit des Hangens und Bangens, die mit dem 18. oder 19. November begonnen und mit dem 21. December geendet hat, fallen die letzten Frankfurter Denkschriften von Radetzky und Gneisenau. Eine Denkschrift Radetzky’s vom 19. November beginnt mit den Worten: „Es scheint unbedingt nothwendig, dass man über die Grundsätze einig werde, welche uns bei den ferneren Operationen leiten sollen“. Sie begründet die unumgängliche Nothwendigkeit des sofortigen Einmarsches in die Schweiz: „denn jetzt oder niemals können wir Frankreich angreifen. Wer jetzt Schwierigkeiten und Scheingründe auffindet, der wird in drei Monaten mit vollkommenem Recht die Unmöglichkeit beweisen können, das Französische Gebiet zu betreten“; und sie kommt zu folgenden Bestimmungen:

Die Hauptarmee überschreitet den Rhein und dringt gegen das Plateau von Langres vor. General Wrede blokirt

  1. Veröffentlicht in meinem „Zeitalter der Revolution, des Kaiserreichs und der Befreiungskriege“ II, S. 721/22. Der ganze Abschnitt ist nachzulesen.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_218.jpg&oldid=- (Version vom 2.5.2023)