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Heinrich an Wibald, 1151 (ep. Wib. Nr. 320, S. 449): – – – vestram adimus obnixe deprecantes benivolentiam, quatinus in curia, quam rex 2 Idus Iunii [Juni 12] Ratispone celebrandam indixit, nobis assistatis et, quam in nos det sententiam, audiatis. Pollicitus est enim, quod secundum iusticiam vel principum consilia, qui ad curiam confluent, se nobis responsurum.

Es kann kein Zufall sein, dass in diesen Briefen von beiden Seiten die technischen Ausdrücke für „Klage“ und „Klagebeantwortung“ vorkommen. Deutlich ist dies bei dem zweiten, nach Regensburg ausgeschriebenen Tage. Konrad spricht von der Klage Heinrich’s, „querimonia“, Heinrich spricht von der Klagebeantwortung, „se (der König) nobis responsurum“. „Respondere“, von der Thätigkeit des Richters gebraucht, ist mir nicht bekannt. Konrad wird also ausdrücklich als Beklagter bezeichnet.

Zwingen uns nicht blos diese Ausdrücke, sondern auch die thatsächliche Stellung Konrad’s zu den Processhandlungen in gleicher Weise, ihn als Beklagten anzunehmen, so steht daneben die zweifellose Thatsache, dass nach seinem Tode sein Rechtsnachfolger Friedrich I. nicht als Beklagter erscheint, dass vielmehr unter diesem der schwebend vorgefundene Process als Klagesache des Herzogs Heinrich [des Löwen] von Sachsen gegen Herzog Heinrich [Jasomirgott] von Baiern (Oesterreich) weiter verhandelt wird. Da aus der ganzen Art dieser Weiterverhandlung hervorgeht, dass man nicht etwa mit dem Regierungswechsel eine Aenderung im Rubrum des Processes herbeigeführt glaubt, so muss das Rubrum von Anfang an Heinrich contra Heinrich gelautet haben und die Stellung Konrad’s eine Episode gewesen sein.

Danach haben wir uns den Hergang wie folgt zu denken.

Heinrich von Sachsen hat gegen Heinrich von Oesterreich geklagt mit dem Antrage, ihm Baiern herauszugeben. Klagegrund ist sein Erbrecht. Der Beklagte beruft sich darauf, rechte Gewere am Herzogthum erhalten zu haben, und stellt seinen Gewährsmann, König Konrad. Dieser tritt für ihn ein, „antwortet“ für ihn, d. h. übernimmt die Stelle des Beklagten[1],

  1. Dass nach Deutschem Recht der Auctor, auf welchen sich der Beklagte beruft, wirklich vollständig für ihn eintritt, zeigt sich am deutlichsten in den Processacten der späteren Zeit, in welchen schliesslich der Name des ursprünglich Beklagten (des Besitzers) vollständig verschwindet,
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_270.jpg&oldid=- (Version vom 9.4.2023)