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Sachsen weiter thätig, sich eines günstigen Gutachtens zu versichern. Er wendet sich an einzelne Fürsten und sucht deren Stimmen zu gewinnen. Gleichzeitig aber bricht auch schon die erste kriegerische Unruhe in Baiern los. Pfalzgraf Otto von Wittelsbach und seine Söhne erheben sich. Gerade in der Gegend, in welcher der nächste Termin stattfinden sollte, ist Schloss Kelheim, eine natürliche Festung im Donaustrom oberhalb Regensburgs, der Mittelpunkt des Aufruhrs. Die Bewegung scheint ernst genug, um Konrad von seinem einzigen Zuge nach Lothringen mitten in seiner Thätigkeit abzurufen (Mai).

In dieser Zeit ist Heinrich von Sachsen in Süddeutschland. In welchen Beziehungen er zu der Baierischen Erhebung stand, ob dieselbe bestimmt war, die Regensburger Gegend in seine Gewalt zu bringen, ob sie ein vorzeitig ausgebrochener Aufruhr war, das wissen wir nicht. Wir sehen Heinrich zu derselben Zeit, wo er in Süddeutschland an der Spitze seiner bewaffneten Mannschaft steht, gleichzeitig diplomatisch thätig, sich einer Mehrheit im Hofgericht zu versichern[1].

Unter Hintansetzung aller anderen Interessen erreichte Konrad das Zustandekommen des Regensburger Reichstages. Heinrich von Sachsen blieb aus, es wurde ihm aber noch ein dritter Termin bestimmt, d. h. es war unter den Fürsten weder eine hinreichende Mehrheit, dass Heinrich wagen konnte, zu erscheinen und sich dem Spruche auszusetzen, noch eine hinreichende, dass er abgewiesen werden konnte.

Auf dem dritten Termin (Würzburg, September) blieb Heinrich ebenfalls aus, und die Stimmung war derart, dass man sich bereits als im Kriegszustande befindlich betrachtete. Dann wagte Konrad es, Sächsischen Boden zu betreten, wurde aber durch Heinrich’s Rückkehr so überrascht, dass er alsbald abzog.

Das Ergebniss war also folgendes: Heinrich hatte seinen Anspruch auf Baiern nicht durchgesetzt, aber man hatte auch nicht gewagt, diesem Anspruch durch Gerichtserkenntniss ein Ende zu machen. Seine militärischen Rüstungen hatten zu einer Besetzung Baierns nicht geführt, aber Konrad’s Diversion nach Sachsen war mit überraschender Energie beseitigt.

  1. S. oben S. 270 den Brief an Wibald.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 277. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_277.jpg&oldid=- (Version vom 10.4.2023)