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Baiern Regierung erfüllen, ragt uns eine imposante Kundgebung des gesammten Kurcollegiums entgegen, der sogenannte Kurverein von Rense vom Jahre 1338.

Man fasst ihn gewöhnlich als den Ausgangspunkt der Entwicklung auf, welche die Kurfürsten anstatt des Königthums zur eigentlichen Centralgewalt machen zu wollen schien. Aber was geschah denn eigentlich zu Rense? Der König kam mit den Kurfürsten zusammen, um über eine dem bevorstehenden Reichstage zu machende Vorlage ihr Gutachten zu hören, welches in dem bekannten Weisthum vorliegt. Das war ungewöhnlich, erklärt sich aber daraus, dass diese Vorlage sich eben auf das kurfürstliche Specialrecht, die Königswahl, bezog. Im Beisein des Königs verbündeten sich die Kurfürsten zum Schutze ihrer Rechte gegen jeden, der sie etwa verletzen würde. Dass dieser ungenannte Gegner Niemand anders als der Papst war, ist allgemein anerkannt; also konnte mit den Rechten, die man gegen ihn schützen wollte, nur das Wahlrecht gemeint sein, zumal von anderen bedeutenden kurfürstlichen Sonderrechten damals nichts bekannt war[1]. Der König hatte natürlich gegen diesen zu seinen Gunsten unternommenen Schritt nichts einzuwenden; er drückte eben durch seine Gegenwart seine Zustimmung dazu aus.

Somit ist das Bündniss von Rense kein „Kurverein“ im späteren Sinne des Wortes; denn ein solcher war eine Verbindung der Kurfürsten zur gemeinsamen Durchführung von Beschlüssen, die sie in geheimer Berathung ohne Wissen oder Beisein des Königs oder seiner Vertreter mit Stimmenmehrheit gefasst hatten[2]. Die spätere Entwicklung, die, wie wir sehen werden, gerade im Gegensatze zum Königthume erfolgte, kann man also nicht als eine directe Fortsetzung der Beschlüsse von Rense ansehen.

Aber auch so diente der ganze Vorgang zur Hebung der

  1. Vgl. über den Renser Bund Ficker in Sitzber. d. Wiener Ak. XI S. 673–710, der auch nachweist, dass die allgemeinen Ausdrücke in der Bundesurkunde ihre Erklärung finden in dem Widerstreben, das Boëmund von Trier einer ausdrücklichen Erwähnung des Papstes entgegensetzte.
  2. Gerade, dass der König nicht einmal einen Vertreter zu den Verhandlungen schicken dürfe, liessen sich die Kurfürsten in den Wahlcapitulationen später wieder und wieder verbriefen.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_066.jpg&oldid=- (Version vom 7.5.2023)