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zurückziehen. Das scheint thatsächlich schon unter Sigmund ausnahmsweise, aber erst nach dem Binger Kurvereine, vorgekommen zu sein[1]. Als es öfter geschah und endlich Regel wurde, nahmen die Kurfürsten dies als ihr Vorrecht in Anspruch. So entstand allmählich die Kurfürstencurie der Reichstage, welche nichts anderes war, als eine specielle Form des in Bingen gegründeten Kurfürstenrathes. Welche Umwälzung gerade dieser Vorgang in der ganzen Reichstagsverfassung hervorgebracht hat, ist bekannt; er führte dazu, dass schon am Ende des Mittelalters die Stimmen der Kurfürsten denen aller übrigen Fürsten, Grafen und Herren gleichwerthig gerechnet wurden. Dass diese Veränderung vom Binger Kurverein ausgeht, scheint mir klar zu sein.

Vor den Wahlen hatten bisher die Kurfürsten einzeln oder ein paar gleichgesinnte zusammen dem Candidaten ihre Bedingungen gemacht; so war es noch bei Sigmund’s Wahl gewesen. Das hörte auch jetzt nicht auf; aber ausserdem legte jetzt das Collegium seine Bedingungen vor, die Wahlcapitulation. Schon Albrecht II. legte das Collegium eine Reihe von Forderungen vor[2]; so sollte er Privilegien nur mit kurfürstlicher Bestätigung erneuern und einen von den Kurfürsten ausgearbeiteten[WS 1] Landfriedensentwurf sanctioniren. Aber noch traten diese Forderungen in der bescheidenen Form von Rathschlägen auf, und Albrecht hat sich nicht viel um sie gekümmert. Aber wir sehen hier den Ansatz zu der Entwicklung, welche seit der Zeit Karl’s V. den Wahlcapitulationen die Geltung von Reichsgesetzen verschaffte. Und gerade diese Wahlcapitulationen wurden nun das Mittel, die durch Herkommen geheiligten kurfürstlichen Rechte auch gesetzlich festzulegen. Schon Karl V. musste versprechen[3], kein Bündniss mit fremden Mächten abzuschliessen, keinen Krieg zu beginnen, keine neuen Steuern oder Zölle einzuführen, keinen Reichstag zu berufen, ohne vorher die Kurfürsten befragt zu haben, und zwar nicht die einzelnen, sondern,

  1. Die Belege s. Wendt, a. a. O. S. 53 und 55. Eine genauere Untersuchung der wichtigen Frage nach der Entstehung der Curienberathung fehlt noch.
  2. Altmann, Wahl Albrecht’s II., S. 97–100.
  3. s. Ziegler, Wahlcapitulationes S. 10. 12. 14.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: ausgearbeitenden
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_088.jpg&oldid=- (Version vom 8.5.2023)