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hat. Für den Titel der Schrift[1] kann Servius allein, der hier offenbar kein bibliographisch treues Citat gibt, unmöglich massgebend sein, was aber ihren Inhalt betrifft, so lehrt das einzige durch Servius a. a. O. (vgl. Hase’s Seneca-Ausgabe III, p. 420) erhaltene Fragment, verglichen mit nat. quaest. IV, 2, 7, dass derselbe sich sehr nahe mit dem der „physikalischen Fragen“ berührt haben muss, ja Diels[2] bezeichnet das Buch über Aegypten, zu welchem der Verfasser jedenfalls durch seinen Aufenthalt an Ort und Stelle angeregt wurde, geradezu als eine Vorarbeit für den entsprechenden Theil der naturales quaestiones. Hat nun von vornherein die Vermuthung, dass der Neffe auch das ältere, als Specialstudie doch wohl in dem einen oder anderen Punkte reichhaltigere Werk des Oheims nicht ganz unberücksichtigt gelassen habe, eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich, so drängt sich dieselbe noch stärker auf, wenn wir beachten, dass nicht alle Züge der Lucanischen Schilderung aus den naturales quaestiones hergeleitet werden können, und Diels z. B. bei der Besprechung von v. 255 ff. es für „viel wahrscheinlicher“ erklärt, „dass die entsprechende Stelle des Seneca uns verloren ist“[3]. Aber mag auch die Benützung der fraglichen Schrift eine minimale gewesen sein, ja mag sie überhaupt nicht stattgefunden haben, so bleibt für mich trotzdem nicht nur die Möglichkeit, sondern die höchste Wahrscheinlichkeit bestehen, dass Lucanus, wenn er den Cäsar sich nach Aegyptens primordia, situs, mores und ritus erkundigen lässt, auf Seneca’s Buch über Aegypten anspielt und damit seinem Oheim und Gewährsmann den schuldigen Dank abstattet. Der Titel der späteren Schrift konnte ja zu einer derartigen, den literarischen Verhältnissen der Zeit gewiss nicht widersprechenden Höflichkeit schwerlich verwendet werden. Sollte aber die Anspielung ihre Wirkung nicht verfehlen,

    wohl niemand mehr. Auch Glöckner’s Versuch, die Schrift über Aegypten als einen Abschnitt der Schrift „de superstitione“ zu erweisen, ist verfehlt. (Bei Augustinus, De civ. dei VI, 10, p. 268, 18 D2 heisst „in sacris Aegyptiis“ gewiss nicht „bei Besprechung Aegyptischer Religionsgebräuche“.)

  1. Mit der Stelle des Tortelli (geb. zu Arezzo gegen 1400, gest. vor 1466; vgl. Nouv. Biogr. gén. XLV, 512 f.) „quem [Callimachum] secutus est Seneca in libro, quem de sacris Aegyptiorum composuit“ (Comment. de orthogr. ed. Osann, Giessen 1829 p. 4 = O. Schneider, Callimachea II, p. 693) weiss ich nichts anzufangen.
  2. a. a. O. S. 29.
  3. a. a. O. S. 15. Vgl. O. Ribbeck, Gesch. d. Röm. Dicht. III, 119. Francken a. a. O. p. 320. Der letztere ist in analogem Zusammenhange auf die Schrift über Aegypten gerathen, weist aber den Gedanken sofort wieder ab.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_153.jpg&oldid=- (Version vom 8.5.2023)