Seite:De DZfG 1894 11 200.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

Aufgaben machen. Für das frühere Mittelalter sind ja in vielen Dingen die „Monumenta Germaniae“ massgebend geworden, auch für das spätere Mittelalter hat sich ein Typus der Urkundenedition entwickelt, der, soweit es sich um Deutsche Texte handelt, stark beeinflusst ist, einerseits durch Weizsäcker’s Editionsregeln in den Deutschen Reichstagsacten, andererseits durch die Hansischen Quellenwerke. Für die neuere Zeit liegen die Verhältnisse wieder anders und es fehlt noch sehr an Klärung und Verständigung. Statt der Vielzahl von Berichterstattern, die das zweite Thema erfordert hatte, gab es hierbei nur einen einzigen Referenten: Prof. F. Stieve aus München. Sein Vortrag war im wesentlichen eine durch Beispiele belebte Erläuterung seiner Thesen, wobei dem trockenen Thema auch humoristische Seiten abgewonnen wurden. Statt dem Gange des Vortrags zu folgen, theilen wir zunächst die Thesen, wie sie gedruckt vorlagen, mit und schliessen nachher noch einige Ergänzungen an.

[34


Die Stieve’schen Thesen.

I. Nur die ihrem ganzen Wortlaute nach wichtigen Actenstücke sind vollständig zu drucken; in der Regel sind Auszüge mitzutheilen; für minder wichtige Stoffe genügen Darstellungen, denen Actenstücke als Beilagen, wichtigere Urkundenstellen und Nachweise als Anmerkungen und Nebenergebnisse der Actenforschung als Anhänge beigefügt werden können.

[35

II. Die Auszüge sollen nicht nur die in einem Actenstücke behandelten Gegenstände bezeichnen, sondern dasselbe seinem ganzen Inhalte nach darzustellen suchen.

[36

III. Eigenhändige Briefe und Tagebücher bedeutender Persönlichkeiten sind, falls ihr Inhalt bemerkenswerth, im Wortlaute zu veröffentlichen.

[37

IV. Der Herausgeber soll den gesammten auf seinen Gegenstand bezüglichen Stoff zu sammeln und auszubeuten trachten.

[38

V. Er soll die gesammte einschlägige Literatur heranzuziehen bemüht sein.

[39

VI. Bei Auszügen von Briefen ist die directe Redeweise der Vorlage (Wir theilen Dir mit u. s. w.) beizubehalten.

[40

VII. Für die Schreibweise wortgetreu mitzutheilender Deutscher Actenstücke und -Stellen haben folgende Regeln zu gelten: a) Grosse Anfangsbuchstaben werden nur verwendet beim Beginn eines Satzes oder Eigennamens, bei den Siglen für Anrede- und Titelformeln (E. Dt., I. Ht., aber I. fl. Gn.) und bei den in Briefen auf den angeredeten bezüglichen Fürwörtern (E. kgl. W. haben uns in Ihrem Schreiben). b) Die Siglen für Titel und Anrede werden in der Weise gebildet, dass von dem dazu gehörigen Fürwort der erste, vom Titel selbst der erste und letzte Buchstabe gesetzt werden (E. Mt.). Ausnahmen bilden E. W. für E. Würde und Würden und E. L. für E. Lieb und Liebden. Bei Titeln, welche den gleichen Anfangsbuchstaben besitzen, wird die Regel für den höchsten angewendet, für die anderen aber die zur Vermeidung von Verwechslungen nöthige Zahl der ersten Buchstaben nebst dem letzten gebraucht (E. Ht. = Heiligkeit, E. Hoht. = Hoheit, E. Hrlt. = Herrlichkeit). In fremden modernen Sprachen wird ebenso verfahren; wenn aber der letzte Buchstabe des Titels ein Vocal ist, wird auch der vorletzte zugezogen (V. M, V. Md., Y. Mty, V. M). Im Lateinischen genügt für den Nominativ der Anfangsbuchstabe; in den anderen Fällen wird die betreffende Casusendung zugefügt (S. S. = Sua Sanctitas;. S. Stis = Suae Sanctitatis). Verwechslungen wird überall wie im Deutschen vorgebeugt (S. = Sanctitas, Ser. = Serenitas), Adjectiva wie unterthänig, gnädig, gnädigst, allergnädigster, illustrissimus, santissimo u. s. w. werden entsprechend den Titeln abgekürzt (utg., gn., gnst, agnster, illmus, sme), wenn man es nicht vorzieht, die nicht einen Titel ausdrückenden, blosse Canzleiphrasen

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_200.jpg&oldid=- (Version vom 10.5.2023)