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V. Den vorgeführten Zeugen, die in gutem Glauben, aber schlimmer Unkenntniss vom Mönchthum Gregor’s berichteten, steht eine Art verschämter Lügner gegenüber! Sie kennen den wahren Sachverhalt, aber „sie wollen den Eindruck erwecken, Gregor sei Mönch gewesen“. Das suchen sie auf Umwegen zu erreichen. So Leo von Monte Cassino, der von Victor II. erzählt[1], gegen den Willen des Kaisers, gegen seinen eigenen Wunsch habe Hildebrand ihn auf den hl. Stuhl erhoben: propter quod utique postmodum dictus est [sc. Victor] monachos non amasse. Leo hätte nicht den Muth gehabt, meint Martens, Hildebrand geradezu als Mönch vorzustellen, er hätte mit seiner gewundenen Ausdrucksweise ihn „sozusagen durch eine Hinterthür in die klösterliche Gemeinschaft einzuführen versucht“. Aber ist der Stand nicht auf’s allerdeutlichste bezeichnet? Hätte es daneben noch der Trivialität bedurft: „denn Hildebrand war Mönch“? Dann beachte man wohl: nach Martens scheute sich Leo vor der Lüge, Gregor sei Mönch gewesen, und auf der anderen Seite hat er das Gerücht, Papst Victor II. habe die Mönche nicht geliebt[2], weil ihm das Papstthum von Hildebrand aufgezwungen worden sei, doch ohne jedes Bedenken verbreitet, obwohl er die nothwendige Voraussetzung des angegebenen Grundes als krasse Unwahrheit gekannt hätte. Solche Verdächtigung träfe dazu noch einen Chronisten, dessen Zuverlässigkeit bisher gepriesen wurde[3]. Aehnlich soll auch Hugo von Flavigny verfahren. Nach ihm hat Hildebrand militiae christianae seine Jugend gewidmet und

  1. lib. II cap. 86; Mon. Germ. SS. VII, 687.
  2. Martens sucht nun auch diese Notiz selbst zu entkräften. Er erklärt: „Cardinalbischof Humbert von Silva-Candida war ein sehr geschätzter Rathgeber des Papstes“. Das soll Meyer von Knonau, Heinrich IV. I, 105, gezeigt haben. Doch sagt Meyer nur: „auch zu Victor stand er in guten Beziehungen“. Aber gesetzt, Humbert wäre so recht ein Vertrauensmann Victor’s II. gewesen, – solchen Vorzuges erfreute er sich doch nicht als Mönch, sondern als einer der angesehensten Cardinäle der Römischen Kirche. Der Einwand von Martens würde allein dann einen Sinn haben, wenn Leo behauptet hätte, wegen ihres mönchischen Standes seien auch hoch verdiente Cardinäle von Victor II. zurückgestossen worden. Eben so wenig bedeutet es, wenn Martens noch geltend macht, Hildebrand habe als Papst „stets“ mit Verehrung von Victor gesprochen, er habe also in dessen Gunst gestanden. „Stets“? Zweimal gedenkt er Victor’s: I, 19 p. 33 per venerandae memoriae papam Victorem, und VI, 11 p. 340 sancti videlicet Leonis papae et Victoris.
  3. Z. B. Wattenbach, GQn6 II, 236.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_237.jpg&oldid=- (Version vom 12.5.2023)