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liess sich schwer erhöhen, weil der Hof und die Beamten die Staatseinnahmen lieber für sich behielten, als dass sie Truppen besoldeten. Hätte freilich das Alterthum ein anderes Geld als Metall gehabt, hätte es den Staatscredit gekannt, so würde auch die damalige Regierung sich nicht gescheut haben, Staatsanleihen zu machen und schon das Alterthum würde mit einem Staatsbankerott geschlossen haben. Das kleine Heer des Imperators war ohne Reserven. Sollte daher in einem Theile des Reiches eine grössere Truppenmacht vereinigt werden, so wurden die Besatzungen aus anderen Provinzen herangezogen. So war es geschehen, dass die Garnisonen Italiens zum grössten Theil nach dem Orient verlegt waren und gegen Ausgang des 7. Jahrhunderts dort eine geringere Anzahl von Truppen stand, als heute Elsass-Lothringen beherbergt. Wurde der Bevölkerung auch die Verwilderung durch das Soldatenthum erspart, so blieb jetzt den Italienern, so lange die Langobardischen Feinde ihre Angriffe auf die Provinz Italien fortsetzten, kein anderer Ausweg, als sich selber zu helfen.

Auch auf militärischem Gebiete kehrte die Nation zu primitiven Einrichtungen zurück. Ihre neuen Wehrordnungen waren ein Werk der Noth, nicht der Reichspolitik, aber sie fielen so gleichmässig aus, so ähnliche Reformen traf ein Bezirk nach dem anderen, dass eine bessere Neuerung unausführbar gewesen zu sein scheint. Nach dem Reichsrecht waren die Einwohner verpflichtet, ihre Stadt zu bewachen und zu vertheidigen, eine Militärpflicht, die gegen die Langobarden in häufiger Anwendung blieb. Dieser Dienst innerhalb der Mauern wurde jetzt zum Dienste im Felde erweitert. Die meisten Aufgebote galten doch dem unmittelbaren Interesse der Städter, der Vertheidigung ihres eigenen Landes, nur diejenigen, welche am ehesten der neuen Last hätten widerstehen können, die Vornehmen, wurden nicht zum Dienste gezwungen. Der Dux bot die mittleren Schichten der Städter und die Bauern auf und sie leisteten ihm auf ihre Kosten den kurzen Dienst[1]. Für den Kaiser war diese Volksbewaffnung

  1. Ueber das neue Heerwesen Bethmann-Hollweg, Ursprung der Lombardischen Städtefreiheit 1846 S. 182 ff. Diehl a. a. O. S. 308–312. Hartmann a. a. O. S. 52–73. 151–165. Vgl. Finlay, History of Greece (ed. 1877) I, 203 ff. II, 27 ff.; 204 f. Die Vertheidigungspflicht erwähnt noch Gregor I., Reg. VIII, 19. IX, 162. 205; die Truppen hatten schon
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_308.jpg&oldid=- (Version vom 15.5.2023)