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des Römischen Staates, der, wenn er nicht die Lebenskraft verloren hätte, ein derartiges Wesen unmöglich gemacht haben würde, aber die Politiker in Rom fuhren noch fort, sich für Reichsangehörige zu halten; in ihren Augen war das Territorium der Kirche das werthvollste Gebiet, welches dem Reiche in Italien geblieben war, obschon der Kaiser von ihm keinen Nutzen zog. Wer in Rom versuchte, das an die Kirche gebundene Land in das Staatsrecht einzuordnen, brachte Reich und Kirche in Verbindung. Hier erschien der Papst als Landesherr wie ein Repräsentant des Imperators, wenn auch Jedermann wusste, dass diese Vertretung gegen den Willen des Kaisers sei. So ist jene Wendung in Rom zwei Jahrzehnte lang in Gebrauch gewesen. Erst nachdem Karl König der Langobarden geworden war, wurden der Papst und sein Land dem Kaiserreiche zu fremd und zu selbständig, als dass die alte Bezeichnung in der neuen Zeit, die für Italien begonnen hatte, anwendbar blieb. Jetzt liess man sie fallen, ohne sie durch einen modernen Titel zu ersetzen.

Der Papst, welcher zum letzten Mal von seinem Römerstaate gesprochen hat[1], Hadrian II., hat um dieselbe Zeit, im Anfang seiner Regierung, sein Land Reichsgebiet genannt[2], nach den Jahren des regierenden Imperators datirt[3], und Verbrecher zur Verwahrung nach Konstantinopel geschickt[4]. Allein nach 774 beschränkte sich der Verkehr auf Glaubenssachen, für welche

    Reich. Martens, Die Römische Frage unter Pippin und Karl 1881 S. 20. 71–80. 106 ff. versteht unseren Ausdruck von einem neuen Gemeinwesen, während ihn Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands II, 24 mit der donatio Constantin’s, durch welche die Kirche von Rom Besitzerin des Römischen Abendlandes wurde, in Verbindung bringt.

  1. Hadrian’s Urkunde von 772 für Farfa; der Biograph dieses Papstes rühmt c. 1 seinen Widerstand gegen die Feinde der Kirche und der Respublica. Ein Schreiben Hadrian’s 775 mit Romanorum respublica wiederholt hier lediglich einen Brief von 756, Codex Carolinus S. 583, 3. 497, 12, beweist also nur für 756.
  2. Liber diurnus 85 S. 110. Die Zeitbestimmung nach Th. v. Sickel, Praefatio S. XXVII und Prolegomena II (Wiener Sitzungsberichte CXVII), 25.
  3. Regesto di Farfa II S. 85. Auch Privaturkunden in Ravenna gedenken des Kaisers in alter Weise, 767 Muratori, Antiquitates III, 889. 891. Marini, I papiri diplomatici 1805 S. 306.
  4. Vita Hadriani c. 13, vgl. c. 15.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 324. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_324.jpg&oldid=- (Version vom 16.5.2023)