Seite:De DZfG 1894 11 344.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

Schon der Titel lehnte die Einverleibung in das Fränkische Reich ab und schloss die Geltung der Fränkischen Königsgewalt aus. Auch in das Römische Reich trat Pippin trotz der Reichsangehörigkeit der Respublica Romanorum nicht ein, wie es der Fall gewesen sein würde, wenn ihn der Kaiser zum Patricius der Römer ernannte; hier wäre er sein Statthalter geworden, der Rechte und Pflichten gegen ihn erhielt[1]. Das Reichsrecht gab für das neue Recht keine Vorschrift ab; das Imperium wurde durch den Patriciat nicht anders als durch die sonstigen Abkommen des Jahres 754 betroffen; auch als Patricius hinderte Pippin eine gewisse Anwendung der Reichsgewalt, wenn der Kaiser es wieder unternommen hätte, im päpstlichen Lande zu regieren.

Grundlegend für die Gewalt des Patricius ist die Willenserklärung Stephan’s II. v. J. 754 gewesen. Sie gab[2] ihm das Recht zu Eigen. In eigenem Namen übte er seine Herrschaft aus, kraft eines unentziehbaren Rechts, für dessen Gebrauch er den Römern und dem Papst nicht verantwortlich war. Das Land der Kirche war demnach auch sein Land[3] und die Landesangehörigen

  1. Dass er ein kaiserlicher Patricius geworden sei, weil ihn der Papst im Auftrag oder doch im Namen des Kaisers ernannt habe, nehmen neuerdings wieder an Bayet, Revue historique XX, 96 f. Gasquet, L’empire byzantin 1888 S. 237. Diehl a. a. O. S. 222. 225. Freeman, English Historical Review IV, 702 ff. Hartmann, Göttingische gelehrte Anzeigen 1890 S. 614. Fustel de Coulanges a. a. O. VI, 305 f. Gegen diese Annahme z. B. Brunengo a. a. O. V, 9 S. 538 ff., Malfatti, Imperatori e papi I, 349 f. Waitz III, 85. Langen, Historische Zeitschrift 50, 424.
  2. Nach Muratori, Annali d’Italia 789 bestand der Patriciat in dem Recht, welches die Karolinger bei ihren Restitutionen sich vorbehielten. In diesem Falle wäre Rom und sein Ducat ausserhalb des Patriciats geblieben, während doch die Römer 757 ihrem Patricius schrieben. Uebrigens erfolgten die Restitutionen in dem Masse ohne Schmälerung, dass auch die in dem restituirten Territorium, insbesondere im Exarchat, gelegenen ehemaligen kaiserlichen Güter freies Alleineigenthum der Römischen Kirche wurden, vgl. Codex Carolinus S. 614, 15. Leo’s III. Briefe an Karl vom J. 808, 801–814, Jaffé IV, 312. 331. Nach Sybel, Kleine hist. Schriften III, 107 übertrug der Karolinger dem Papste den Patriciat in Ravenna und der Pentapolis; so deutet er die Stelle oben S. 326 Anm. 2.
  3. Schriftsteller, welche das nur für Rom aussagen, bezeugen es mittelbar für das ganze Land. Vgl. z. B. Paulus Diaconus, Script. rer. Langob. 1878 S. 19 Anm. 5 und Gesta episc. Mett. SS. II, 265. Pauli et Petri Carm. XXII, 17, Dümmler, Poetae I, 58. Annal. Lauresh. 801 SS. I, 38. Als
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 344. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_344.jpg&oldid=- (Version vom 18.5.2023)