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Müffling und Gruner bei Beschaffung eines Fonds für die Polizeiverwaltung während der Occupation von Paris im J. 1815. In seinem Buche „Aus meinem Leben“ berichtet der Feldmarschall von Müffling über seine Thätigkeit als Gouverneur von Paris während der Besetzung dieser Stadt durch die Truppen der Verbündeten im Jahre 1815. Merkwürdiger Weise aber hat er nicht mit einem Worte sein dortiges Verhältniss zu dem damaligen Preussischen Geheimen Staatsrath Justus Gruner erwähnt. Diesem war bekanntlich am 30. Juli 1815 die Generaldirection der Polizei von Paris und dessen Umkreis von den vereinigten Cabinetten der vier grossen Europäischen Höfe übertragen worden, wovon ausser anderen auch der General von Müffling durch den Staatskanzler Fürsten Hardenberg unterrichtet wurde. Nach dem Schweigen Müffling’s müsste man nun annehmen, dass während der Zeit, in welcher beide Männer in Paris ihre Aemter bekleideten, eine Berührung zwischen ihnen nicht stattgefunden hätte. Diese Annahme würde sich jedoch als eine unrichtige herausstellen; denn in der That haben sie, wie die in dem Nachlasse Gruner’s vorhandenen Acten beweisen, amtlich mit einander zu thun gehabt.

Es musste nämlich für die Polizei ein Fonds ausgemittelt oder versucht werden, einen solchen zu bilden. Zu letzterem hat der Gouverneur mitgewirkt. Derselbe sandte nämlich am 10. August zwei Gesuche[1] an Gruner, „welche an mich gelangt sind, und als nicht rein militärische Gegenstände erbitte ich mir Dero Sentiment ob diese Supplicanten ganz abzuweisen, oder ihre Anträge annehmbar sein dürften“. Gruner antwortete darauf am 12. August Folgendes: „Euer Excellenz habe ich die Ehre auf das gefällige Schreiben vom 10ten d. M. zu erwiedern, dass ich das Gesuch, unter besonderem Schutze der Alliirten hier ausser den bestehenden Französischen einige bessere (?) Spielhäuser [zu eröffnen][2] nicht nur annehmbar, sondern selbst nothwendig finde, um der Polizei die Fonds zu verschaffen, deren sie gebricht. Ich habe dem Fürsten Staats Kanzler hierüber schon früher meine Ansicht mitgetheilt und jetzt den Pächter der Godesberger Spielbank (bei Bonn) der sich hier befindet, auch zu einem Gebote aufgefordert. Dieses hat er in der Anlage gegeben. Es beträgt 500 Frs. täglich mehr. Vielleicht wird sich der Preis noch steigern

  1. Die Gesuche sind nicht vorhanden. Die Schreiben Müffling’s, der Contract und der Bericht Gruner’s an Hardenberg lagen mir im Original, die Schreiben Gruner’s an Müffling aber nur im Concepte im Nachlass Gruner’s in meinem Besitz vor.
  2. Die in viereckigen Klammern stehenden Worte fehlen in den eigenhändigen Concepten Gruner’s.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 364. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_364.jpg&oldid=- (Version vom 15.5.2023)