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Wahl in Rom einstellen, aber sie durften weder die Wahlgeschäfte leiten oder die Wähler beeinflussen, noch machten sie das Wahlergebniss durch eine Willenserklärung wirksam; sie hatten darauf zu sehen, dass die Wahl eine rechtmässige war, um nicht einen falschen Papst zu vereidigen, sie hatten die Consecration eines Unvereidigten zu hindern, aber weiter reichte ihre Zuständigkeit nach dem Abkommen von 824 nicht. In dieser Hinsicht blieb die Besetzung des päpstlichen Stuhles nach 824 so frei, wie sie vorher gewesen war[1]. Was die neuen Bevollmächtigten thun durften, um sich über die Rechtmässigkeit der Wahl zu vergewissern, war auch dem Patricius und dem König erlaubt gewesen, denn auch er war berechtigt, der Gefahr vorzubeugen, mit einem Manne, der nicht Papst war, wie mit einem Papste zu verhandeln. Aber wenn die Wahl nicht zu beanstanden und der Eid geschworen war, war auch die Consecration nicht zu verweigern. Unter diesen Umständen überrascht es nicht, dass die kaiserliche Regierung zuweilen auf die Bestimmung des Nachfolgers Einfluss üben wollte, aber während sie hier über ihre Zuständigkeit hinausging, richtete sie ihre Aufmerksamkeit zu wenig auf die stete Beobachtung des Vertrages. Die Römer befolgten ihn während des 9. Jahrhunderts kaum häufiger, als sie ihn verletzten. Sie hielten ihn ein bei Gregor IV., Benedict III. und Hadrian II. 827, 855 und 867[2]. Bei einer Wahl war der Kaiser selbst in Rom anwesend und übte sein Recht persönlich aus: so hat der grösste Papst des 9. Jahrhunderts, Nikolaus I., den Römischen Stuhl bestiegen[3]. Liessen die Römer einen unvereidigten

  1. Die Bemerkung von Florus, De elect. episc. c. 6, Migne 119, 14, dass der Papst absque interrogatione principis zu wählen sei, ist wohl vor 824 geschrieben, würde aber auch nach 824 zulässig sein.
  2. Für 827 vgl. Annal. Lauriss., Einhard. 827 SS. I, 216. Chron. Benedicti de S. Andrea 827 SS. III, 711, ungenauer Vita Hludowici c. 38. 41 SS. II, 628. 630 f. – 855 Vita Benedicti III. c. 6 ff. 17 f. – 867 Vita Hadriani II. c. 6–8. Annal. Bertin. 867 S. 90. Hier wurde die Weihe so lange verschoben, bis der Kaiser nach Empfang der ihm von Wählern überbrachten Wahlurkunde die Consecration erlaubte. Der Hergang bei den Wahlen von 872 und 884 ist mir unbekannt; der von 882 (Annal. Fuld. 882 S. 99. 109) ist mir zweifelhaft. Die bei einigen Wahlen sichtbare Neigung der Regierung, dem Kaiser einen Einfluss auf die Wahl zu verschaffen, führte noch zu keinem neuen Recht, vgl. darüber auch Invectiva in Romam, Dümmler, Gesta Berengarii 1871 S. 145 und die nächste Anmerkung.
  3. Vita Nicolai c. 5. 8. Annal. Bertin. 858 S. 50.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br. und Leipzig: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1896, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_021.jpg&oldid=- (Version vom 20.5.2023)