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Papst consecriren, so hatte die Regierung wohl das Recht, den vertragswidrig Geweihten aus dem Amte zu entfernen, weil die Ablegung des vorgeschriebenen Eides ein Bestandtheil des Verfahrens für die Creirung des Papstes geworden war; aber angewendet hat sie die Befugniss nicht[1]. Wenn sie den Eid nicht verlangte, so mochten ihre Conmmissare etwa für die Ruhe bei der Wahl sorgen und desshalb bereits vor der Wahl eintreffen, aber das waren andere Bevollmächtigte, als die, welche 824 vereinbart waren[2].

Wenn die kaiserliche Gewalt den Papst nicht einsetzte, durfte sie ihn entlassen? In kirchlichen Kreisen war man über die Absetzbarkeit des Papstes und die Rechtsgründe der Absetzbarkeit seit langer Zeit getheilter Meinung. Auf der einen Seite wurde die Unabsetzbarkeit behauptet, auf der anderen die Absetzung geübt: noch im Jahre 653 hatte der Kaiser einen Papst wegen Hochverraths mit Entfernung aus dem Amte und Exil bestraft[3]. Der Karolinger war vor dem Kaiserthum zu solchen

  1. So brachen die Römer den Vertrag 827, 844, 847, 885, siehe Vita Valentini c. 6 f. Annal. Bertin. 844. Vita Leonis IV. c. 8. Annal. Fuld. 885 8. 103. Vita Stephani V. c. 4 f. Die kaiserliche Regierung forderte desshalb 844 eine neue Vereidigung der Römer (Vita Sergii II. c. 15, Annal. Bertin. 844) und Leo IV. musste wohl das Pactum erneuern, Gratian I, 68, 31 = Migne 115, 674. Karl III. hegte 885 die Absicht, Stephan V. abzusetzen, gab sie aber auch mit Rücksicht darauf, dass ein kaiserlicher Gesandter damals zufällig sich in Rom aufhielt, wieder auf, Annal. Fuld. 885 S. 103 f. Die Function der kaiserlichen Regierung wird von den verschiedenen und auch von denselben Schriftstellern verschieden beschrieben, aber rechtlich sind die stilistischen Differenzen ohne Bedeutung. Jussio, 844 a. a. O. gebraucht, sagen in anderem Sinn Vita Pelagii II. c. 1 und Liber diurnus 58.
  2. Vor der Wahl kamen sie nach der Schrift De imperatoria potestate SS. III, 722; Karl d. K. hat danach auf die kaiserliche Berechtigung zu Wahlcommissariaten verzichtet, eine Nachricht, die z. B. Bayet, Revue hist. XXIV, 88 annimmt und Dopffel a. a. O. S. 149 f. verwirft. – Eine aus der Römischen Synode von 898 c. 10, Mansi XVIII, 225 stammende (s. Funk, Historisches Jahrbuch IX, 284–299) Satzung sieht einen Zweck der neuen kaiserlichen Botschaften in der Friedensbewahrung, die zwar 824 c. 3 beachtet, aber für sich behandelt war, weil sie einem anderen Interesse diente.
  3. Eine übersichtliche Darstellung gibt Hinschius a. a. O. I, 296 ff. Fränkische Stimmen, wonach der Papst von Niemandem gerichtet werde, sind Alcuin an Arno 799, Epist. 120, Jaffé VI, 489. Ansegisus I, 133 = Benedictus Levita I, 302. Vita Walae II, 16 SS. II, 562. Capitula Angilramni c. 51. Vgl. die Angaben bei Dümmler, Ostfränkisches Reich
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br. und Leipzig: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1896, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_022.jpg&oldid=- (Version vom 20.5.2023)