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König Lothar 860, wenn die Heiden das Gebiet des heiligen Petrus angreifen sollten, so sei er bereit, für Gott und den Papst in Gefahr und Tod zu gehen[1]. Auch die Päpste hielten an dieser Verpflichtung des Karolingischen Hauses fest. So begehrte Johann VIII. 878 während der Vacanz des Imperiums von den Karolingischen Königen, dass sie gleich ihren Vorfahren in Erfüllung des Pactums die Römische Kirche vor ihren Feinden beschirmten[2]. So ging in der Karolingischen Dynastie auf Grund eines Rechtssatzes des Hausrechts oder des Königsrechts eine ursprünglich durch Vertrag begründete Pflicht über, deren Inhalt der vertragsmässige geblieben war.

Die Verträge sind nur mit den Kaisern, nicht auch mit den Karolingischen Königen erneuert. Karl selbst hat als Kaiser in dieser Hinsicht nichts mehr zu thun gefunden, da sein Contrahent, Leo III., ihn überlebte. Als sein Sohn 816 mit Stephan IV. die Verträge erneuerte, stellte er ihm auch eine Urkunde aus, in welcher er der Römischen Kirche nicht nur seinen kaiserlichen Schutz für alle ihre Besitzungen verhiess, sondern auch den Besitzstand selbst in seinen einzelnen Bestandtheilen aufzählte. Ob diese Form der Garantie des Territoriums damals zuerst zur Anwendung kam, oder ob sie auf eine Vorurkunde Karl’s zurückging, ist unerheblich, denn die Schutzpflicht selbst wurde dadurch nicht geändert, sondern nur ihre Benutzung erleichtert. Bereits 817 wiederholte der Kaiser das Pactum mit einem neuen Papste[3], und mancher Nachfolger hat Bestätigungen gegeben.

  1. Capitularia I, 129, 15. II, 23, 11, vgl. 69, 2. 168. Lothar II. 860 an den Papst, Migne 121, 375.
  2. So im August 878 auf der Synode von Troyes Mansi XVII, append. S. 188. Schreiben von 878 bis 880 Migne 126, 786. 825. 883. 911 f. 914 f. (Jaffé 3205. 3231. 3289. 3324. 3327). Vgl. Migne 126, 785 (Jaffé 3158).
  3. Gregor von Catina, Hist. Farf. c. 29 SS. XI, 576. Nur allgemein erwähnt das Pactum für die Unversehrbarkeit des Besitzes Ermoldus Nigellus II, 395 ff. (Dümmler, Poetae II, 35). 817 bei Th. Sickel a. a. O. S. 174 f. Auf Grund des Schutzversprechens fordert der Papst 818, dass Ludwig die in seinem Reiche gelegenen Güter der Römischen Kirche wie seine eigenen vertheidige und seinen Legaten Leo vor Unrecht behüte, Migne 102, 1089. Als Zweck der territorialen Bürgschaft wird in den Privilegien von 962 § 12 und 1020 § 14 (Constitutiones I, 25. 68) auch das Wohl des Volkes genannt, vgl. oben S. 336 Anm. 3.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br. und Leipzig: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1896, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_038.jpg&oldid=- (Version vom 22.5.2023)