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Inhalt dieses Eides wird, dafür sprechen Vergangenheit und Zukunft der päpstlichen Handlung, die Bundespflicht gewesen sein. Die Leistung war jetzt eine einseitige geworden, weil die entsprechende Pflicht des Kaisers, die bei diesem Vertrage stets vor der päpstlichen zurücktrat, in den Begriff der Vertheidigung aufgegangen war. Der Papst hatte demnach eidlich zu versprechen, dem Kaiser zum Frommen und nicht zum Schaden zu sein. Die Tragweite der Verpflichtung war so umfassend, dass sie auch die Achtung der Verträge und der kaiserlichen Hoheitsrechte in sich schloss[1].

  1. Die Eidesformel besitzen wir nicht. Abgesehen von der Vorzeit kommen in Betracht zwei päpstliche Erklärungen von 833 und 872, wonach der Papst dem Kaiser Treue (fides, fidelitas) schuldet, Migne 104, 301. 122, 1319. Das sind Ausdrücke für die ehemalige Bundespflicht, siehe oben S. 337 f. Gregor IV., unser bester Zeuge, gesteht 833 seinen auf fides gehenden Eid zu, den er von dem Eide eines Fränkischen Bischofs unterscheidet; er entnimmt aus seinem Schwur die Verpflichtung, für das Wohl des Kaisers und seines Reiches, die er beide identificirt, thätig zu werden. Besonders begründete Obliegenheiten des Papstes, die sich aus einem Eidesinhalt, wie ihn das ehemalige, seit 824 verschwundene Bündniss abgab, nicht ableiten liessen, habe ich nicht bemerkt. Der Eid selbst war, wie uns das Wort sponte (Capitularia I, 324 Z. 18) verräth, auf Grund eines Vertrages zu leisten. Cenni a. a. O. II, 184 und Hartmann, Göttingische Anzeigen 1890 S. 623 f. beziehen den Eid auf ein neues Indiculum pontificis (Liber diurnus 75 f.), für das ich die geschichtlichen Voraussetzungen und Wirkungen vermisse. Waitz III, 198 denkt an den üblichen Eid der Treue, wozu sponte schlecht stimmt, siehe dagegen auch oben S. 30. Simson, Ludwig I, 214 f. 231 stellt Treue und Beobachtung der kaiserlichen Hoheitsrechte neben einander wie zwei ebenbürtige Bestandtheile, was sie bei meiner Auffassung der fides nicht sind. Mühlbacher, Regesten Nr. 761b fasst nur die Hoheitsrechte in’s Auge und Dopffel a. a. O. S. 103 f. lässt in Verbindung mit dem Privileg Otto’s § 15 Eugen II. eine gute und gesetzmässige Landesregierung versprechen; mit diesen beiden letzteren Deutungen weiss ich den Hergang von 833 nicht zu vereinbaren. Weitere Auslegungen registrirt Dopffel S. 101. Vgl. Heimbucher S. 129. 137. Lapôtre LXII, 130. Welchen Leo das Ottonianum meint, ob Leo III. (so z. B. Ficker a. a. O. II, 355 f. Th. Sickel a. a. O. S. 158 ff. Mühlbacher a. a. O. Nr. 988), Leo IV. (für ihn Cenni a. a. O. Dopffel S. 91. 96 ff., zweifelnd Niehues [oben S. 345] II, 502) oder ob es Leo VIII. ist, zu dem, ungeachtet der Warnung von Pertz, Leges II, 2, 163 (vgl. das Privileg 1020 § 17) Simson, Neues Archiv XV, 576–579 zurückgekehrt ist, scheint mir eine Frage von untergeordneter Bedeutung, weil sie über den Inhalt des Eides keine Aufklärung verspricht. Vgl. Ottenthal, Regesten Nr. 309c. 311 § 15.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br. und Leipzig: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1896, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_041.jpg&oldid=- (Version vom 22.5.2023)