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zur Aufgabe haben dürfe, Frankreich zu weiterer Vergrösserung zu verhelfen, und dass es für Oesterreich kein anderes Heil gäbe als Wiederherstellung einer Art Gleichgewicht in Europa. Sie machen sich keine Illusionen über die Vortheile, die man durch Napoleon geleistete Dienste erlangen könnte, und keine Lockspeise wäre stark genug, sie in ein System zu zwingen, dessen Verderblichkeit für sich sie kennen, selbst wenn es zuerst zu einigen momentanen und unsicheren Erwerbungen führen sollte. Metternich’s System war deutlich, allmählich auf den Punkt zu kommen, wo Oesterreich, Russland und Preussen wieder gemeinsam eine feste, Frankreich imponirende Sprache führen könnten, die mit Weisheit gemässigt und immer auf Aufrechterhaltung des Friedens und auf Wiederherstellung einer gerechten und billigen Unabhängigkeit gerichtet wäre, und die wahrscheinlich eine Zeitlang die Fortschritte Napoleon’s zu einer absoluten und universellen Herrschaft würden aufgehalten haben. Metternich’s Pläne konnten nicht verwirklicht werden. Der Russische Hof habe sich von Oesterreich entfernt, statt sich zu nähern. Differenzen, die zuerst klein schienen, hätten den Kaiser an den Vorabend eines neuen Krieges geführt und dadurch Napoleon Grund und Vorwand geliefert, alle disponiblen Truppen Frankreichs und seiner Alliirten in Bewegung zu setzen und Deutschland damit zu überschwemmen, und der schreckliche Augenblick dieser Krisis finde Oesterreich in einem Zustand der Schwäche und einer inneren Entblössung der Mittel jeder Art, die weit schlimmer seien, als es nach dem Wiener Frieden der Fall war, da man damals wenigstens eine schöne und wachsame Armee hatte, die heute desorganisirt und fast zerstört sei. Die nothwendige Folge dieser Ereignisse sei eine absolute Nullität Oesterreichs, die durch drei traurige, aber mächtige Ursachen vermehrt werde: die erste sei die Kälte, die Russland dem Wiener Hof zeige, die zweite die Haltung Russlands in seinen Beziehungen zu Frankreich. Er führt in der schon oft erwähnten Weise diese Andeutungen aus. Der letzte Grund, der die Isolirung Oesterreichs vollendete, sei die Stellungnahme, die die Macht der Umstände Preussen dictirt habe. Niemand fühle mehr die politische Wichtigkeit Preussens als der Wiener Hof, und das Unglück Preussens in den letzten Jahren habe desshalb auf den Kaiser und den Minister so tiefen Eindruck gemacht. Bei dieser äusseren Lage und seiner

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_111.jpg&oldid=- (Version vom 24.5.2023)