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Bruch mit Frankreich wird eintreten, aber erst in vier oder fünf Wochen. Eine Discussion darüber, ob der Wiener Hof nicht hätte anders handeln können, ist jetzt müssig; jedes Ermahnen, jedes Drängen, von seinem Wege abzugehen und die schon concentrirten Truppen ungesäumt gegen die Franzosen marschiren zu lassen, wäre vergeblich; jedes Missvergnügen über die Langsamkeit der Bewegung, woran die innere Lage die Schuld trägt, wäre schädlich. Auf militärischem Gebiete herrscht grosse Thätigkeit, und Oesterreich würde sich ja andernfalls der grössten Gefahr aussetzen, nachdem es Napoleon gegenüber so weit gegangen ist. Die Forderungen Frankreichs[1] werden hier den Gang beschleunigen, aber es ist kein Zweifel, dass der Beginn des Feldzuges ohne Oesterreichs Mitwirkung stattfinden wird, doch für die Fortsetzung kann man sicher auf seine Theilnahme rechnen. So traurig das erste, so tröstlich ist das letztere. Der gegenwärtige Krieg kann ja doch nicht durch einen oder mehrere Schläge beendet werden. Er wird auch nicht zu Ende sein, selbst wenn die alliirten Heere zu einem momentanen Rückzug gezwungen würden, und er würde es auch nicht sein, wenn die Franzosen über den Rhein zurückgingen. Bei der Natur dieses Kampfes ist eine zögernde Hilfe auch werthvoll, und vielleicht ist es besser, wenn die Oesterreichischen Truppen als Reserve bleiben, bis sie zum Eingreifen besser bereit sind als jetzt. Für’s erste müssen die beiden alliirten Höfe sich vorbereiten, allein vorzugehen, aber jeden möglichen Vortheil von Oesterreich zu haben. Das würde hier vortrefflichen Eindruck machen, der Muth würde wachsen, und man sähe sich hier durch das Vertrauen auf demnächstige Hilfe noch mehr verpflichtet. Und das Vertrauen wird gerechtfertigt werden; wozu hätte Oesterreich sonst einen wahren Bruch mit Frankreich herbeigeführt, wenn es nicht unwiderruflich Partei ergriffen hätte? Man setzt hier als entscheidenden Zeitpunkt den 24. Mai, da die Truppenzusammenziehung in Böhmen vollendet sein wird.“

Diese Gedankengänge, die mit Recht stets Oesterreichs Interesse als Hauptargument verwerthen, wiederholt er mehrfach und betont die Schwierigkeiten, die Metternich zu überwinden hat. „Wenn man die Organisation der ganzen Verwaltungsmaschine

  1. Siehe Häusser 4, 207 f.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_143.jpg&oldid=- (Version vom 25.5.2023)