Seite:De DZfG 1895 12 144.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

hier betrachtet“[1], schreibt er, „den Zustand der Finanzen und des öffentlichen Credits, die Furcht, die alle grossen Eigenthümer vor einer feindlichen Invasion haben, und den Charakter des Kaisers, der die grossen Erschütterungen und gefährlichen Krisen fürchtet und aus seinem Zustand der Ruhe und des Friedens nicht herausgehen würde, als wenn er sich absolut dazu gezwungen sähe, so versteht man, welche Schwierigkeiten sich dem entgegengestellt haben, der an der Spitze der politischen Geschäfte steht, um dazu zu gelangen, das Wort ‚Krieg‘ auszusprechen.“ Er verhehlt sich nicht, dass, wenn man alle Details der gegenwärtigen Führung des Wiener Hofes prüft, man noch Dinge entdeckt, die entweder schwer zu erklären sind, oder Misstrauen erwecken können. Er wiederholt das oben Erwähnte über Oesterreichs spätere Theilnahme und die Nothwendigkeit, sich mit dem Wiener Cabinet über alle Fragen zu verständigen, und schliesst mit der merkwürdigen Prophezeiung: „Denn wenn selbst, wie ich hoffe, der Erfolg der verbündeten Heere den Krieg sehr abkürzen wird, so werden die Arrangements, die nachher folgen werden, und die uns für’s erste nicht erlauben werden, unsere Waffen niederzulegen, die vollkommenste Uebereinstimmung zwischen den alliirten Mächten und dem Wiener Hof erfordern.“ Humboldt glaubte an den Sieg, aber er sah die Kämpfe, die den Congress erfüllten, voraus.

Am 1. Mai schrieb Humboldt diese Worte nieder, am Tage darauf fand die Schlacht bei Gross-Görschen statt, und der Rückzug der Verbündeten nach der Lausitz erfolgte. Eine Depesche Humboldt’s vom 5. Mai fiel den Franzosen in die Hände; zwischen Dresden und Pirna war, wie er später erfuhr[2], der Courier abgefangen; es waren ihm ausser dieser Depesche Humboldt’s, die nach seinen eigenen Angaben nichts Wesentliches enthielt, drei des Russischen Gesandten, Grafen Stackelberg, alle vier chiffrirt, abgenommen worden. Er erfuhr auch, dass Napoleon Narbonne gegenüber nur die Stackelberg’schen erwähnt habe, dagegen verlautete andererseits[3] eine Aeusserung Napoleon’s, er hätte aus den Berichten beider Gesandten Metternich’s Doppelzüngigkeit erfahren.

  1. Bericht vom 1. Mai 1813.
  2. An Hardenberg 26. Mai 1813.
  3. Portefeuille de 1813 par Norvins (1825) I, 353; s. Schlesier II, 228.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_144.jpg&oldid=- (Version vom 25.5.2023)