Seite:De DZfG 1895 12 149.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Bedingungen: Abtretung des Herzogthums Warschau, Vergrößerung Preussens in dem Masse, dass es die Unabhängigkeit und Kraft erlange, um als Zwischenmacht das Gleichgewicht Europas aufrecht zu erhalten und analoge Vergrösserung Oesterreichs, setzt er hinzu: Vergrösserung ist ein wenig bestimmtes Wort, leichter ist festzustellen, was die Ruhe einer Macht sichern kann. Die Preussens hängt vom Besitz Magdeburgs, der Unabhängigkeit Hamburgs, und der Verhinderung, dass Napoleon das rechte Elbufer überschreite, ab. Er begleite die bevorstehenden Unterhandlungen mit seinen besten Wünschen; das Glücklichste wäre, wenn sie scheiterten und Oesterreich in den Krieg zöge.

Schon am 27. Mai hatte Humboldt die bevorstehende Abreise des Kaisers und Metternich’s gemeldet und angefragt, ob er, da in Wien dann nichts mehr zu thun sei, in’s Hauptquartier kommen solle? Als er von Metternich erfuhr, dass dieser ihn durch Stadion zum Preussischen Bevollmächtigten beim Congress erbeten habe, schrieb[1] er an Hardenberg, er wünsche nicht damit beauftragt zu werden, wenn er es nur der fremden Insinuation verdanke. Hardenberg aber berief ihn[2] am 4. Juni in’s Hauptquartier. Humboldt dankte, dass es ihm vergönnt sein werde, einige Wochen mit Hardenberg zu verleben und zu den wichtigen Arbeiten, die jetzt beginnen, zugelassen zu werden. Am Abend des 7. Juni reiste er ab, nachdem er die Geschäfte seinem Legationsrath Piquot übergeben hatte. Seine Wiener Gesandtschaft hatte ihr vorläufiges Ende erreicht.

Wie lautet nun das Urtheil über Humboldt’s Thätigkeit in diesen Jahren? Ein Gesandter hat die Politik des heimischen Hofes zu vertreten; in der ersten Epoche bediente sich, wie wir sahen, Hardenberg dazu andrer Personen und Mittel; in der zweiten Epoche aber befand sich Humboldt in Kenntniss der Absichten seines Ministeriums und vertrat sie mit Eifer, Wärme und Erfolg, soweit der letztere überhaupt möglich war. Oesterreich unmittelbar in den Krieg zu treiben, wäre keiner Macht der Erde möglich gewesen, weil der Kaiserstaat erst Mitte 1813 dazu die Mittel hatte, und weil auch zweifellos Oesterreichs Interessen eine Betheiligung früher kaum erlaubten, ehe es über Russlands Zuverlässigkeit Sicherheit gewonnen hatte.

  1. An Hardenberg 28. Mai.
  2. An Hardenberg 6. Juni.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_149.jpg&oldid=- (Version vom 25.5.2023)