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die Zugehörigkeit zu einer Gefolgschaft, welche auf jeden Fall ein gewisses Abhängigkeitsgefühl hervorrufen musste, doch nicht als etwas Ungehöriges und Unwürdiges empfunden wurde. Diese Auszeichnung seitens des princeps, obzwar sie diejenigen, denen sie zu Theil wurde, in ihrer ungebundenen Freiheit sehr bedeutend beschränkte, galt nichtsdestoweniger bei Allen auch wirklich für ehrenvoll. Denn zu vermuthen war eher bei der berühmten Freiheitsliebe der Germanen, dass eine Auszeichnung von Seiten des Gefolgsherrn, welche eine Freiheitsbeschränkung für den davon Betroffenen mit sich brachte, zugleich auch den Empfänger solcher Gunst in den Augen der Anderen herabsetzte.

Scherer führt noch folgenden Punkt gegen die hier vertheidigte Ansicht an:

Die Worte des Tacitus gestatten nicht einen derartigen Zusammenhang, wie hier – bei activer Auffassung von dignatio – geschehen sei, in die Stelle hineinzuinterpretiren. Das principum aliquis habe nichts vor den anderen genannten Persönlichkeiten, welche ebenfalls die Wehrhaftmachung vornehmen können, voraus. Als abschliessender Gedanke reihe sich hieran: mox rei publicae pars videntur! Also von der Staatsangehörigkeit spreche Tacitus und nun solle plötzlich ohne jede Hervorhebung übergesprungen werden auf die Zugehörigkeit zum Comitat des princeps und „man solle begreifen, dass Beides (Staatsangehörigkeit und Zugehörigkeit zum Comitat eines princeps) dasselbe sein könne“[1].

Aber wenn auch zunächst das „principum aliquis“ neben pater und neben propinquus unterschiedslos gesetzt ist, so wird hierdurch doch keinesfalls ausgeschlossen, dass im Folgenden eine dieser drei Persönlichkeiten – hier der princeps – nochmals herausgegriffen und besonders nun von ihr gesprochen wird; hier also wird berichtet, inwiefern gerade die Wehrhaftmachung durch einen princeps sich vor der durch einen Anderen vorgenommenen auszeichnet.

Auch der Vorwurf, es mangele bei der hier verfochtenen Auffassung der Stelle der Zusammenhang mit dem Vorigen, muss von der Hand gewiesen werden. Denn es ist vollkommen

  1. Scherer, Anz. S. 92.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 329. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_329.jpg&oldid=- (Version vom 7.6.2023)