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mit demselben Ausdruck auch immer dasselbe meine; man müsste ja sonst annehmen, dass Tacitus, der ganz offenbar am Schluss des vorigen Capitels, cap. 12, von den Gaufürsten, Gaugrafen spreche (eliguntur in iisdem conciliis et principes, qui jura per pagos vicosque reddunt heisst es dort), dass er kurz darauf und zwar nur ein paar Zeilen hinterher dasselbe Wort in anderem Sinne gebraucht hätte. Und wäre dies wirklich der Fall, so müsste er dies wenigstens in irgend einer Weise bemerklich gemacht haben.

Ferner stimme man der Ansicht bei, dass princeps immer gleich Gaugraf sei, so ergebe sich als nothwendige Folge, dass nur ein Gaugraf zugleich auch Gefolgsherr sein könne. Und dieses Ergebniss habe viel für sich; denn es sei natürlicher, dass die Gaugrafen, welche ja so wie so als „Beamte“ grossen Einfluss hätten, zum Schutz und zur Ehre ein Gefolge zu halten berechtigt wären, als wenn Jedem dieses Recht zugestanden hätte; die ganze Heeresordnung hätte dann unmöglich aufrecht erhalten werden können und das Ansehen der Obrigkeit wäre vernichtet gewesen.

Schliesslich hätte es sicherlich die Freiheitsliebe und das Ehrgefühl eines freien Germanen verletzt, als Gefolgsmann unter einem Herrn zu dienen, der nicht das höchste Ansehen im Gau genossen und die oberste Stellung in demselben eingenommen hätte. Nur dann also, wenn der Gefolgsherr zugleich „Gaufürst“ sei, sei es denkbar, dass es für eine Ehre gehalten wurde, in seinem Gefolge zu dienen.

Aber dass Tacitus in seiner Germania mit demselben Ausdruck nicht immer den gleichen Sinn verbindet, das beweist unter anderen das auch unter gleichen Verhältnissen und an der gleichen Stelle vorkommende Wort comites. Selbst die Gegner geben es ohne Weiteres zu, dass die am Ende des cap. 12 erwähnten (centeni ex plebe) comites ganz verschieden sind von den in cap. 13 und 14 genannten comites, den Gefolgsleuten. Man versucht nun diesen berechtigten Einwurf gegen den ersterwähnten Wahrscheinlichkeitsgrund dadurch abzuschwächen, dass man sagt: bei den comites könne kein Zweifel obwalten, wer gemeint sei; denn am Ende von cap. 12 seien sie neben den Richtern genannt, in cap. 13 dagegen sei von der Gefolgschaft die Rede.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 334. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_334.jpg&oldid=- (Version vom 7.6.2023)