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deren Zusammenstellung die einzelnen Vereine durch Beschluss der Plenarversammlung aufgefordert wurden, A.-Rath Prümers über die Angelegenheit der Archivausstellung, die an eine Commission (Prümers, Grotefend, Ermisch) überwiesen wurde, und A.-Rath Jacobs über den Stand der Kirchenbücherforschung, die bisher Bestand und Alter der Kirchenbücher für die Provinz Sachsen, Anhalt, Thüringen, Lippe und Mecklenburg-Schwerin festgestellt hat. Ausserdem wurde noch über Denkmälerschutz und prähistor. Cultstätten berichtet, resp. die Verschickung von Fragebogen beschlossen.

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Die dritte Versammlung Deutscher Historiker fand vom 18. bis 20. April 1895 unter dem Vorsitz von Prof. K. Th. Heigel (München) und unter Betheiligung von 119 Fachgenossen in Frankfurt a. M. statt, nachdem schon am Tage vorher die Vertreter der landesgeschichtlichen Publicationsinstitute sich zu Berathungen zusammengefunden hatten, über die sich der officielle Bericht jedoch ausschweigt.

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Ein Antrag Prof. Stern’s (Zürich) – die Versammlung möge sich in einer Resolution gegen die Umsturzvorlage, soweit diese die Freiheit historischer Forschung und Darstellung bedrohe, aussprechen – wurde in der 1. Sitzung, nachdem Dr. Quidde erfolglos die Ueberweisung an den Ausschuss beantragt hatte, als nicht zur Competenz der Versammlung gehörig abgewiesen.

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Nach Beendigung dieser Geschäftsordnungsdebatte hielt Prof. Ludwig Oelsner (Frankfurt) über Johann Friedrich Boehmer einen Vortrag, der in der Frankfurter Zeitung vom 23. April 1895, erstes Morgenblatt, Nr. 112, gedruckt ist.

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Darauf wurde in die Verhandlung über den ersten Berathungsgegenstand des dritten Historikertages eingetreten, nämlich die Anlage des historischen Studiums auf der Universität. Der erste Berichterstatter, Prof. v. Zwiedineck-Südenhorst (Graz), ging von der Erwägung aus, dass die historische Wissenschaft gegenwärtig im Uebergang von der descriptiven zur genetischen, entwickelnden Geschichtschreibung begriffen und in die Vereinigung der politischen und culturgeschichtlichen Richtung heute das Wesen der Universalhistorie zu verlegen sei, und gelangte so zu den beiden Sätzen:

1. Es gehört zu den Aufgaben des historischen Studiums auf Universitäten, dass in einem Zeitraume von beschränkter Ausdehnung die genaue Erkenntniss der in Wechselwirkung stehenden politischen und Culturverhältnisse angestrebt wird. Innerhalb dieses Zeitraumes soll der Zusammenhang der Erscheinungen, das Werden der Ereignisse zu ergründen versucht werden, um auf diesem Wege eine wissenschaftliche, universelle Geschichtsauffassung zu erzielen.

2. Das historische Studium auf Universitäten muss mit dem Studium der politischen Anschauungen und Einrichtungen der Gegenwart verbunden sein, es empfiehlt sich daher namentlich für den Unterricht in der mittleren und neueren Geschichte, die Beziehungen zwischen der zu behandelnden Epoche und der Gegenwart herzustellen und einerseits auf die dabei hervortretenden Unterschiede aufmerksam zu machen, andererseits die Elemente klar zu legen, aus denen sich die modernen Zustände entwickelt haben.

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Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 364. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_364.jpg&oldid=- (Version vom 29.5.2023)