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dass man nicht ganz ohne Grund tadeln konnte, einzelne Zweige des Informationsdienstes hätten in der Zeitschrift zu üppig gewuchert. Die letzten zwei Jahre waren dann, wie sich leider nicht leugnen lässt, die Zeit einer förmlichen Misswirthschaft, und ich muss an dieser Stelle den Mitarbeitern, Lesern und dem Verleger noch Dank sagen für die Geduld, mit der sie die unglaubliche Verzögerung im Erscheinen der Hefte ertragen haben.

Der Grund dieser Zustände lag in der Concurrenz, die ein anderes stärkeres Interesse der Zeitschrift machte, oder, wenn man will, in meiner Unfähigkeit, zwei Dinge gleichmässig neben einander zu treiben.

Es wäre vielleicht möglich gewesen, einen Modus zu finden, der mir die weitere Betheiligung bei dem Unternehmen ermöglicht hätte. Aber mir schien das jetzt auch nicht mehr im Interesse der Sache zu liegen. Mein Verhältniss zu einem grossen Theil der Fachgenossen hatte unter denselben Einflüssen, die meine Thätigkeit an der Zeitschrift behindert haben, empfindlich gelitten, und dadurch musste besonders auch die Wirkung dieser Zeitschrift auf dem Grenzgebiete der rein wissenschaftlichen und öffentlichen Interessen beeinträchtigt werden. Ich habe von Anfang an Werth darauf gelegt, in der Zeitschrift Fragen auch dieses Grenzgebietes in den Kreis der Betrachtung zu ziehen, und glaube dabei, soweit Jemand dergleichen in sich selbst von einander trennen kann, ohne politische Parteitendenz das Interesse der freien wissenschaftlichen Forschung und die rein im Wesen der Historie begründeten Aufgaben des Unterrichts im Auge behalten zu haben. Beweis dafür war vielfache Zustimmung aus den Reihen der Fachgenossen, die in politischen Fragen ganz anders standen. Da ich jetzt so stark in die Tagespolitik verwickelt bin, und zwar in einer Richtung, die der Mehrzahl der Fachgenossen ungewohnt und unsympathisch ist, so ist die Präsumption der Unbefangenheit verloren gegangen, und ich könnte jetzt noch so aufrichtig in einer Frage nur das Fachinteresse vertreten, – ich würde dem Misstrauen begegnen, in der Wissenschaft Politik treiben zu wollen; – Beweis nach meiner Meinung: die Art wie eine Prüfung der uns berührenden Bestimmungen der „Umsturzvorlage“ auf dem Frankfurter Historikertage a limine abgewiesen wurde.

Doch um alles ganz offen zu sagen, wie es liegt, so ist ja klar, dass die Störung dieses Verhältnisses nicht nur durch meine blosse Betheiligung am politischen Leben veranlasst ist, sondern dass sehr erheblich dazu jene Studie mitgewirkt hat, die einen „Missbrauch der historischen Wissenschaft“ darstellen sollte und die in anderthalbhunderttausend Exemplaren ihre mir selbst so überraschende Carriere machte. Und dazu kam dann, bei Manchen ehrlich, bei Vielen als vorgeschobener willkommener Entrüstungsanlass, jene „Erklärung“, die ich als Ergebniss der Situation und als Antwort auf eine sehr perfide Denunciation dem Urtheil preisgebe, die aber jedenfalls ein Historiker, der gewohnt ist, Urkunden und Actenstücke zu lesen, nur als Historiker anzusehen braucht, um zu finden, dass überhaupt gar nicht darin steht, was mir als ihr angeblicher Inhalt so vielfach vorgeworfen ist.

Doch wie dem auch sei: zu einer gedeihlichen Fortführung des Unternehmens schienen mir jetzt die inneren und äusseren Bedingungen zu fehlen, und unter diesen Umständen glaube ich dem Interesse der Sache am besten gedient zu haben, wenn ich mitgewirkt habe, es nun an eine Stelle zu verpflanzen, wo es unter der Pflege hervorragender und thatkräftiger Historiker verschiedener wissenschaftlicher Richtungen und in naher Berührung mit grossen wissenschaftlichen Instituten, wie ich hoffe, alle Bedingungen findet, um auf’s neue kräftig zu gedeihen.

L. Q.     



Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 392. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_392.jpg&oldid=- (Version vom 8.6.2023)