Seite:De Deutsche Hausmärchen 025.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


Als er eintrat, saß da eine alte Frau, die bat er um Nachtherberge. „Ach guter Freund, sprach sie, wer euch zu mir gewiesen hat, der hat euch nicht wohl gewollt, denn meine Söhne sind Menschenfresser und sie verschonen Niemanden. Euch aber sollen sie nichts zu Leide thun, denn ihr habt schon genug ausgestanden, ich weiß Alles. Versteckt euch nur vor der Hand, damit sie nicht so auf euch losfallen können.“ Das that der Wachtmeister und es war auch die höchste Zeit. Denn kaum war er in Sicherheit gebracht, da brauste es in der Luft, wie vom größten Sturm; dann fuhr die Thür auf und der älteste von den Söhnen polterte herein.

„Menschenfleisch riech ich,
Menschenfleisch genieß ich!“

schrie er und tobte in der Kammer umher, aber die alte Frau packte ihn bei den Schultern und warf ihn auf eine Bank nieder, daß es krachte. „Da setz dich hin und rühre dich nicht, du bekommst schon satt“ sprach sie. Indem rauschte es abermals draußen, als wenn der Vogel Greif herangeflogen käme, die Thür fuhr auf und der zweite von den Söhnen stürzte herein, schnüffelte in der Kammer herum und schrie:

„Menschenfleisch riech ich,
Menschenfleisch genieß ich!“

Da packte die alte Frau ihn und setzte ihn unsanft neben den ersten auf die Bank nieder. „Da bleibt ihr jetzt sitzen, ihr langen Schlingel,“ sprach sie, „und hört was ich euch sage.“ Anfangs brummten sie wohl noch, aber da hob die Alte ihren Finger und

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_025.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)