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Der König war überaus gnädig gegen den Schuster, frug ihn, wie er heiße, woher er komme und was er verstehe? Der Schuster erzählte Alles aufs Haar. „Würdest du denn deinen Kameraden den Jäger wohl wiedererkennen, wenn du ihn sähest? Ei den Burschen fände ich aus Hunderten heraus!“ Da ging der König fort in ein anderes Zimmer und über eine Weile kam der Jäger herein. „Ach da bist du ja, du Hasenfuß!“ rief der Schuster; „du bist mir der rechte Vogel, aber ich habe dem König Alles gesagt und der wird dir einen tüchtigen Ausputzer geben.“ „Gemach, gemach, mein guter Freund,“ sagte der Jäger und knöpfte den Rock auf und zog die Mütze aus dem Gesicht; da sah der arme Schuster, daß es der König selber war. Er wäre vor Schrecken fast auf den Rücken gefallen, aber der König beruhigte ihn, verbot ihm etwas von der Sache zu erzählen und schickte ihn sogleich als Oberst zu dem Regiment, wobei das Schneiderlein Feldwebel war.

„Warte Bürschlein, jetzt sollst du mir herhalten,“ dachte der Oberst, als er zuerst in seiner prächtigen Uniform mit dem Federhut vor die Fronte ritt und seinen alten Kameraden, den Schneider erblickte. So oft jetzt exercirt wurde, hatte der Oberst etwas an dem Feldwebel auszusetzen. Bald war das Zeug nicht gut genug geputzt, oder der Säbel nicht blank, oder der Rock nicht rein, und dann regnete es Ehrentitel wie Fetthammel, Schmuzlappen, Faulpelz u.a. auf den Feldwebel von Morgens bis Abends. Wagte er, zu antworten oder sich zu entschuldigen, dann gab es Arrest wegen Widersetzlichkeit oder undienstlichen Benehmens; schwieg

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_071.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)