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dem Männchen zu dem kohlrabenschwarzen Riesenschloß. Sie traten hinein und kamen durch viele Zimmer endlich in eine Kammer, da hing ein großes, blankes, scharfes Schwert an der Wand. Das Männchen sprach: „Nimm dieß Schwert herunter“ und als der Jüngling es gethan, sprach es weiter: „Nun haue mir den Kopf ab.“ „Ach wie könnte ich das! Du hast mir ja nichts zu Leide gethan,“ rief der Jüngling, doch das Männchen erzürnte und rief: „Willst du mir den Kopf abhauen oder soll ich ihn dir abhauen?“ Da konnte der Jüngling wohl nicht anders, er nahm das Schwert in beide Hände und schlug dem Männchen den Hals durch und durch. Als aber der alte Kopf des Männchens herunter fiel, fielen die grauen Kleider mit ab, wie einem Schmetterling die garstigen Puppenkleider und da stand eine Jungfrau vor dem Jüngling, die war so wunderschön, daß er vor lauter Staunen und Entzücken kein Wort sprechen konnte. Er glaubte nicht anders, als es sei ein Traum, aber da reichte sie ihm die Hand und sprach: „Siehst du nun, daß du Recht daran thatest, mir zu folgen?“ Dann erzählte sie ihm ihre ganze Geschichte, die war sehr traurig. Vor vielen Jahren waren die drei Riesen in die Gegend gekommen, wo ihr Vater als Graf auf dem Schlosse wohnte. Sie hatten das Schloß überfallen und alles gefressen, was sie da fanden, die ganze Familie der schönen Jungfrau, den ganzen Hofstaat und alles Gesinde, nur sie selbst hatten die Ungeheuer verschont, weil sie so schön war. Sie wollten ihren Willen mit ihr haben, als sie aber mit Gottes Hülfe den Riesen stets entfloh, da verwünschten sie die Jungfrau in ein graues Männchen; seitdem

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_095.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)