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da kommt mein Mann!“ rief die Frau Greifin und der Jüngling kroch unter das Bett. Bald darauf kam der Vogel Greif herein und zugleich ging ein großer Glanz durch das Zimmer, denn seine Federn waren aus purem Gold. „Wen hast du heim? Ich rieche Menschenfleisch,“ sprach der Vogel Greif, und die Frau antwortete: „Ja du hast recht, es war ein armer Handwerksbursche hier, der hat auf dem Stuhl da gesessen, ist aber bald wieder weggegangen.“ Da sah der Greif sie einmal scharf an mit seinen durchdringenden Augen, aber sie ließ sich nicht irre machen und fragte: „Willst du zu Nacht essen?“ „Ja wohl und zwar schnell, ich bin müde und will zu Bette,“ sprach der Greif. Da trug sie die Speisen auf und sie aßen zusammen, dann legten sie sich schlafen. Gegen elf Uhr riß die Frau dem Greif eine seiner goldnen Federn aus. „O weh!“ schrie er, „was machst du denn?“ „Mir träumte ein König habe einen Baum, der immer schöne Früchte getragen habe und jetzt keine mehr trage, darüber traure der ganze Hof,“ sprach die Frau. Der Greif sagte: „Das ist Wahrheit und kein Traum, der Baum würde schon tragen, wenn kein ermordetes Kind unter ihm begraben läge.“ Nach einiger Zeit, als es gegen zwölf Uhr ging, riß die Frau ihm abermals eine Feder aus. „O weh!“ schrie der Greif, „was hindern dich meine Federn?“ Die Frau sprach: „Ich hatte einen Traum, in einem Königreiche herrsche Geldnoth, weil der König den Schlüssel zu seiner Schatzkammer verloren habe.“ „Das ist Wahrheit und kein Traum,“ erwiederte der Greif. „Der Schlüssel liegt unter der Thürschwelle, denn der König hat ihn fallen lassen und an der Schwelle ist ein Spalt

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 318. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_318.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)