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aber kam, drückte sich der Bediente in die Ecken und hielt sich so viel als möglich im Dunkel. So wurde der Arzt immer vertrauter mit dem bösen Menschen und zuletzt sagten sie gar Du zu einander.

Eines Abends ließ der Regimentsarzt von den allerstärksten Weinen auftischen, denn heut sagte er wäre sein Geburtstag. Als nun die Gäste recht lustig waren, sprach er: „Jetzt soll mir jeder zum Angebinde das pfiffigste Stücklein erzählen, welches er in seinem Leben ausgeführt hat.“ „Ja das gilt,“ rief der falsche Kaufmann „und ich fange an, denn ich wette hundert gegen eins, daß ich das pfiffigste Stück von euch Allen ausgeführt habe.“ „Das glaube ich nicht,“ sprach der Regimentsarzt, „und ich wette mein Vermögen gegen das deine, daß ich ein noch viel pfiffigeres im Sack habe.“ „Ich halte dich beim Wort,“ schrie der falsche Mensch und schlug ein, und er glaubte schon, des reichen Doktors Thaler in seine Geldkisten versammeln zu können. Jetzt fing er an zu erzählen, wie er vor Jahren den Kaufmann so listig betrogen und seine Wette mit ihm gewonnen habe. Ei wie da der Bediente die Ohren spitzte, und wie gern wäre er dem falschen Kerl an den Kopf geflogen, aber ehe er das konnte befahl sein Herr ihm, die verschlossene Kiste schnell ins Schlafzimmer zu tragen und im Nebenkämmerchen zu warten, bis er ihn riefe.

„Das war ein sehr pfiffiger Streich,“ sprach alsdann der Regimentsarzt, „aber meiner ist noch pfiffiger. Ich muß aber, ehe ich ihn erzähle, etwas in meinem Schlafzimmer holen.“ Dann ging er weg, warf Montur und falschen Bart ab und zog wieder

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 363. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_363.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)