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Der Traum des Wolfes.

Der Wolf lag in einer Nacht in seinem Loche, da klang es ihm im linken Ohr. „Das bedeutet eine hochzeitliche Speise“ sprach er, ließ morgens alle Brocken liegen, welche er noch übrig hatte und marschirte weg. Da kam er auf eine Wiese, wo zwei Widder weideten; er ging zu ihnen und sprach: „Einen von euch muß ich fressen.“ „Herr wie du willt,“ sprach der älteste von den Widdern, „wir können gegen dich nichts ausrichten, aber du bist ein guter Landmesser und könntest vorher die Weide abmessen, wie viel jedem von uns gehört, dann gibt es keine Erbstreitigkeiten.“ „Das soll geschehn“ sprach der Wolf, dem dieß schmeichelte, und er lief die Nase an der Erde rund um die Wiese herum und stellte sich dann in die Mitte. „Stellt euch auf die beiden Ecken,“ rief der Wolf, „du dahin, du dorthin und laufet auf mich zu, dann werdet ihr finden, daß ich recht gemessen habe.“ Das geschah, die Widder liefen auf ihn zu und stießen ihn so unsanft mit den Hörnern, daß ihm der Appetit nach ihnen verging und er für todt liegen blieb.

Als er wieder zu sich kam, sprach er: „Die Schmerzen achte ich nicht, ich traue auf mein Ohr,“ und er ging weiter und kam an eine andere Wiese, da weidete ein Pferd mit einem Füllen.

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 419. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_419.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)