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Kühe durch das Hofthor in den Stall und der Schneider ging mit. Im Stalle schaute der Bauer sich um und sprach: „Wenn der Stall nicht euch gehörte, weiß der Himmel, ich möchte drauf schwören, es sei mein Stall.“ „Was sind das für Redensarten? Ihr werdet doch nicht denken, ich hätte euren Stall genommen?“ frug der Schneider. „Bewahre, bewahre, lieber Freund,“ antwortete der Bauer. „Ein Stall kann ja aber dem andern gleichen.“ Nachdem die Thiere versorgt waren, sagte der Schneider: „Nun kommt herein und eßt mit uns zu Nacht.“ „Von Herzen gern, ich habe großen Hunger,“ sprach der Bauer und folgte dem Schneider. Als sie in die Stube kamen, saß das Weib da und strickte. Der Bauer schaute sich um, guckte das Weib an und sprach: „Wie es einem doch so kurios gehen kann! Wenn ich nicht wüßte, daß ich in eurem Hause bin, wollte ich drauf schwören, das sei meine Stube und dort sitze meine Frau.“ „Was muß ich da hören?“ rief der Schneider. „Zuvor sagtet ihr, daß es euch scheine, mein Stall sei euer, und jetzt wollt ihr gar behaupten, mein Haus und meine Frau seien euer.“ „Bewahre, lieber Freund,“ sprach der Bauer, „aber ein Haus und eine Frau können einander gleichen. Es schien mir nur so.“ Sie setzten sich jetzt zu Tische und aßen, dann legten sie sich alle schlafen. Da berieth der Schneider mit dem Weibe, was sie jetzt weiter machen sollten. „Halt ich hab's!“ rief er endlich. „Ich sah in deinem Kleiderschrank vorhin ein schwarzes Kleid hängen, daraus mache ich ihm einen Pfarrersrock und ein Pfarrerkäppchen. Für das Uebrige laß mich nur sorgen.“ Sie holte rasch das Kleid und

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 432. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_432.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)