Seite:De Die bereiteste Execvtion, des Allerleichtesten Vorschlags 6.jpg

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also daß zur Schönheit des Lateins eine Doppel-Rechnung erfodert wird / als eine Sachen-Rechnung / und dann eine Wörter-Rechnung / deren jene durch die 4. freyen Künste wie sie wohl zu führen angewiesen wird; und dieser zugefallen sind zwar in der Grammatic, Dialectic und Rhetoric oder Oratorie, gute Regeln aufgesetzt / die können aber von der Jugend keines weges verstanden werden / wenn sie nicht zuvor die Sachen-Rechnung wohl getrieben.

Denn wie wohl die Wörter-Rechnung in gar vielen Stücken von der Sachen-Rechnung abgeht / folgt sie doch in meisten Stücken der Natur / so viel nur immer müglich / nach. Und also wenn man in der Sachen-Rechnung durch die freyen Künste wohl geübet worden / so wird die Wörter-Rechnung leicht / und kan die Schönheit des Lateins (so wohl als anderer Sprachen) auch noch vor dem 20sten Jahr gar wohl erlanget werden.

Welche Schönheit zwar viel hochgelährte Leuthe / auch ohne in der Jugend die 4. freyen Künst geübt zu haben / herrlich practiciren können; aber nicht / daß sie / was in den freyen Kunst steckt / gar nicht gelernet hätten / sondern weil sie solches alles / oder doch das meiste und nachrichtlichste davon / anderweit her sich bekant gemacht / in dem sie desto grössern Fleiß und Mühe angewendt / aus blosser Übung (usu rerum) durch Vortreflichkeit ihres Ingenii, nichts desto weniger aber weit herum / nach langer Zeit / im Alter / ohne Vortheil / mit viel Kosten / eben das zu lernen / welches durch das Mittel der 4. freyen Künste Gott der Jugend ihren auch geringern Ingenio in kurtzer Zeit leicht einzugeben pfleget.

Wie nun iederman gar gerne Vortheil braucht / ob man gleich auch ohne Vortheil / aber langsam oder mühsam / eben solchen Zweck erhalten mag; so ist sich höchlich zuverwundern / wie es kommen können / daß die so vortreflichen Vortheil / nicht allein zur Kunst- und Tugend-Ubung leichtlich zugelangen / sondern auch die Schönheit einer Sprach (es sey lateinisch / griechisch oder eine andere /) leichtlich zubegreiffen / welche Vortheil in den freyen Künsten bey den alten Griechen und Lateinern in der That befunden worden / aus den Schulen sich verlohren haben: sonderlich da die Schuldiener / wenn sie die so vortheilhafte freye Künste oder durch Vermittelung der selben eine Sprach / nechst denen Tugenden den Schülern weisen / Sie nicht weniger als die Schüler lauter Lust und Freud davon empfinden / so daß auch die Schul ein Spiel / lateinisch Ludus; griechisch σχολὴ otium, eine Ruhe / davon genennet worden. Da bisher / nachdem die freyen Künste aus der Schul Abschied genommen / lauter Angst und Noth / Verdruß / Beschwerligkeit / und Mühe / sich darinnen eingeschlichen.