Seite:De Drei Sommer in Tirol (Steub) 111.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sagen, und schenken im kühlen Refectorium guten Wein aus, den sie mit anmuthigen Gesprächen würzen. In der Kirche sieht man St. Gerolds Ruhestätte, geschmückt mit einem schönen alten Grabstein; sein Haupt ist auf dem Altare zur Verehrung ausgestellt, seine Lebensgeschichte in Bildern auf die Wand gemalt.

Am Ende des Thales thut sich die Aussicht in das Wallgau auf. Rechts liegt das Dorf Thüringen, wo der Engländer Douglas eine gigantische Spinnerei errichtet hat; zur linken Hand führt ein Fußsteig schnell über die Halde hinunter nach dem Dorfe Ludesch das am Lutzbach liegt. Der Weg streift an den öden Mauern des Blumenegger Schlosses hin, welches sammt der Herrschaft einst den Werdenbergen, später der Abtei zu Weingarten bei Ravensburg gehörte. – Die Sonne war untergegangen, die Gipfel des Rhätico ragten weiß aus dem goldenen Abendroth, das sich auch rückwärts auf den nackten Bergspitzen des Walserthales spiegelte, die Dämmerung lag im Thal, und die Ruinen von Blumenegg mit ihren hohlen Fenstern standen ernst und düster über dem Pfade. So raschelten wir den langen Abhang hinab und setzten uns in Ludesch zur Nachtruhe.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_111.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)