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Erkennen von ihm aufnahm. Doch muthete er ihr zu, bei ihren königlichen Treuen, in einer Frage, die er zu ihren Gnaden hätte, eine Wahrheit zu sagen, was sie auch also gelobte. Da fragte er sie bei diesem Gelübde, ob sie der That solcher Anklage schuldig wäre oder nicht. Da sagte sie ihm, ja, sie wäre deren schuldig. Da sagte er zu ihr, nicht desto minder wolle er dennoch um ihrer Ehren und seines Zusagens willen kämpfen.

Nun ward der Kampf durch den König vorgenommen und angeschlagen. Der frumm ritterlich Graf besammelte sein Gemüthe mit Anrufung des allmächtigen Gottes und seiner Mutter, bittend, um aller Frauen Ehre willen Hülf und Beistand zu thun. Und besann sich also, um kämpflich gegen den Versager der Königin in den Kreis zu treten. Und da er in den Kreis kam und sich kämpflich gegen den Ritter um der Königin Ehre wegen wehren sollte, fürchtete er der Frau Geständniß und wahre That und wich und floh eine kleine Zeit und Weile. Das verdroß den andern Ritter und er legte sich mit Scheltworten an ihn und schrie: „Ei du Bösewicht, du fliehst!“ Das ging dem Grafen zu Herzen und wollt sich deß erwehren und sprach: „Du lügst mich an und bist an dir selber; und ich will heut, so Gott will, meine Ehre und Frömmigkeit an dir rächen und dich darum mit der Hülfe Gottes zu todt schlagen.“ Und er gewann darauf den Sieg und rettete der Königin Ehre und schlug ihn zu todt.

Das kam der Königin zu großem Guten und sie sprach zu ihm, wie das nicht unbillig war, mit hohem Erbieten und Vermögen, ihm Wiedergelt zu thun und ihm große Habe und Gut zu geben, dessen er sich aber widerte und keine zeitliche Hab darum begehrte, noch auch haben wollte, da er das vorab um unser lieben Frauen und aller andern Frauen Ehre willen gethan habe. Doch aber hätte sie ein Tuch, das wäre, als unser Herr Jesu Christ von dem Stammen des Kreuzes genommen ward, unter und über ihn gelegt worden, und so bäte er ihre königliche Gnade, ihm das zu geben und nichts anderes. Das gab sie ihm mit großen Ehren, Demüthigkeit und hohem Erbieten, seine gnädige Frau zu seyn. Also kam er hinweg

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_168.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)