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von Trient daraus vertrieben und nahmen ihren Sitz auf Hohen Eppan. Ihre nächsten Nachbarn, die Grafen von Tirol und die Bischöfe von Trient, waren ihre ärgsten Feinde. Dazu weckten sie auch noch den Grimm Heinrichs des Löwen, als sie einst zwei Cardinäle, die jener nach Deutschland berufen, überfielen und auf ihrem Schlosse ins Verließ warfen. Heinrich überzog sie dafür und brach ihnen eine Burg nach der andern. Die Eppaner unterlagen und nahmen ihre Schlösser von der Kirche zu Trient zu Lehen. Dieß geschah im Jahre 1158, und damit hatte Ruhm, Größe und Ansehen der Eppaner ihre Endschaft erreicht. Einer der letzten war Bischof Egeno von Trier, der nach unruhiger Vorsteherschaft im Jahre 1273 auf der Flucht zu Padua verschied. Bald darauf, nämlich 1300, starb das Geschlecht aus.

Die Dörfer, die wir nun durchwandern, sind voll städtischer Häuser mit großen Portalen, mit Erkern und Thürmen, mit romanischen Doppelfenstern und grünen Jalousieläden, zumeist von lachenden Gärten umgeben, aus denen dunkle Cypressen aufspitzen. Die Landschaft gehört zu den schönsten in ganz Tirol – eine Höhe, die sich nur wenig über die Fläche des Etschthales erhebt, lange nicht so, daß ein merklicher Unterschied des Klima’s, eine mindere Vortrefflichkeit der Trauben und der andern Früchte zu gewahren wäre. Ehemals war der Weinhandel der Eppaner, zumal derer von Kaltern, die an ihrem See eine der beliebtesten Sorten ziehen, sehr beträchtlich, und die Menge und Ansehnlichkeit der Ansitze und der Landhäuser mag zum Theil auf die süße Frucht der Rebe gegründet seyn. Die Eppaner Flur und die sonnige Berghalde von Obermais waren von Alters her die liebsten Siedelstätten für den Adel, der sich zahlreich aus den oberdeutschen Ländern an die Etsch zog. Aus allem diesem, aus der grünen, rebenreichen Hochebene, aus den stattlichen, stadtmäßigen Dörfern, aus den unzähligen neuern Ansitzen, aus den grauen verfallenen Burgen und den hohen Porphyrfelsen, die auf einer Seite steil emporsteigen, während auf der andern dunkler Wald, aus diesem allem soll sich der Leser, den schönen blauen Himmel dazu gerechnet, das reizvolle Bild zusammenstellen, das

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 389. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_397.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)