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Namentlich scheinen die Kirche zu Gais und das Schloß zu Kehlburg recht sehenswerth zu seyn.

Brunecken ist ganz und gar, was man in Tirol ein feines Oertl nennt, eine nette, reinliche, obwohl kleine Stadt, bewohnt von liebenswürdigen, frohen Leuten, gelegen in einer schönen Landschaft, die zwar nicht den mannichfaltigen Reichthum etschländischer Südfrüchte, aber doch alles hervorbringt und billig liefert, was ein unverzogenes deutsches Menschenkind zu anständigem Leben bedarf. Die pusterthalische Landstraße, welche von Brixen nach Klagenfurt führt, zieht außen um die Stadt herum, eingefaßt von hübschen Häusern, die ihr zu Liebe die Rückseite zur Vorderseite gemacht und auf das Manierlichste herausgeziert haben. Eine Pappelallee, die hier auf der Stelle des ehemaligen Stadtgrabens gepflanzt worden ist, ladet die Bewohner des Abends zu angenehmem Lustwandeln ein. Ein großes Verdienst um die Reinlichkeit und die Eleganz, die jetzt den Reisenden an dem Städtchen so gefällt, ist der regsamen Verwaltung des Herrn Gubernialraths von Kern beizulegen, der eine lange Reihe von Jahren hindurch in dieser Capitale des Pusterthales als Kreishauptmann seinen Sitz hatte. Freilich ist das, was die Hauptstadt an Bequemlichkeit und feinerem Aussehen durch seine Anregung gewonnen hat, nicht in Vergleich zu stellen gegen die vielen weisen Anordnungen und Einrichtungen, die der ganze Kreis dem edlen Eifer des geistvollen Mannes verdankt. – Seit vier Jahren ist an seine Stelle der Gubernialrath Dr. Staffler getreten, derselbe fleißige Sammler und Schilderer, welcher seit dem Jahre 1839 jenes statistisch-topographische Werk über Tirol und Vorarlberg herausgibt, das wir so oft Veranlassung gefunden als unsre Quelle aufzuführen, und noch öfter benützt als genannt haben. Herr Gubernialrath Staffler ist ein freundlicher, milder Mann, umgänglich und offen, wie es tirolische Geschäftsmänner meistens sind. Obgleich stark beschäftigt in seinem Amte weiß er doch mit unermüdeter Ausdauer den Fortgang seines Werkes zu sichern und hat bisher ungefähr alle zwei Jahre einen nicht sehr schmächtigen Band erscheinen lassen.

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 600. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_608.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)