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Schön Heite.

In finstrer Nacht vom Felsenstein
Flimmt blutig trüb ein Feuerschein,
     Und in dem Schimmer sitzet
Ein Bild, nicht Mädchen und nicht Weib,

5
Goldhaar umspinnt den nackten Leib,

     Ihr großes Auge blitzet.

Sie lehnet regungslos am Baum,
Das Haupt nur wiegt sie wie im Traum,
     Die Zauberin Schön Heite.

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Und wer die öde Straße zieht,

Dem singt ihr Mund ein seltsam Lied,
     Ein Lied zum ew’gen Leide.

Sie lag im Grabe manches Jahr,
Bis daß ihr Zauber fertig war,

15
     Um Grab und Tod zu zwingen.

Doch nur dem Haupt ward Lebenskraft,
Ihr Leib ist noch in Todeshaft,
     Den konnt’ sie nicht entringen.

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hertz: Gedichte. Hoffman und Campe, Hamburg 1859, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Gedichte_(Hertz_W)_155.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)