Seite:De Heimatlos (Spyri) 043.jpg

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hinauf und sagte: „Sieh, Stineli, ich kann es wohl begreifen, daß du den Rico nicht vergessen kannst; aber du mußt doch denken, daß der liebe Gott ihn weggenommen hat, und wenn es so sein mußte, so war es gut für den Rico, das werden wir dann einmal sehen.“

Da fing das Stineli so zu weinen an, wie es die Großmutter nie an ihm erlebt hatte, und es schluchzte überlaut: „Der liebe Gott hat es ja nicht getan, ich habe es getan, Großmutter; darum muß ich fast sterben vor Angst, denn ich habe den Rico aufgestiftet, an den See hinabzugehen, und nun ist er in die Rüfenen hineingefallen und ist tot, und es hat ihm noch so weh getan, und ich bin an allem schuld.“ Und Stineli weinte und schluchzte zum Erbarmen.

Der Großmutter war wie eine schwere Last vom Herzen gefallen; sie hatte den Rico verloren gegeben und heimlich hatte sie der quälende Gedanke verfolgt, das arme Büblein sei der bösen Behandlung entlaufen und liege vielleicht drüben im Wasser, oder sei im Wald zugrunde gegangen. Jetzt stieg auf einmal eine neue Hoffnung in ihr auf.

Sie beruhigte das Stineli so weit, daß es ihr die ganze Geschichte von dem See erzählen konnte, von der sie gar nichts wußte: wie der Rico immer von dem See gesprochen und es ihn dahin gezogen hatte und wie Stineli den Weg auffand. Es war ganz sicher, daß Rico sich dahin auf den Weg gemacht hatte; aber des Vaters Worte von den Rüfenen hatten das Stineli ganz um alle Hoffnung gebracht.

Die Großmutter nahm das Kind bei der Hand und zog es zu sich heran. „Komm, Stineli“, sagte sie liebreich, „ich muß dir nun etwas erklären. Weißt du, wie's in

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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_043.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)