Seite:De Heimatlos (Spyri) 074.jpg

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Die Wirtin lief hin und her im Feuer der Arbeit und glänzte, als wäre sie selbst zur „Goldenen Sonne“ geworden, und wenn sie auf ihren Mann traf, so sagte sie jedesmal siegreich: „Hab' ich's nicht gesagt?“

Rico hörte erst einen Tanz an von den drei Geigern, die gekommen waren, und die Melodien fielen ihm so ins Ohr und in die Finger, daß er gleich nachher mitspielen konnte, und nun wußte er den Tanz für immer. So kam es, daß er am späten Abend, als man aufhörte zu tanzen, alle Tänze mitspielen konnte, die überhaupt gespielt wurden, denn jeden hatte man zu öfteren Malen durchgenommen.

Am Ende mußte auch noch das Peschiera-Lied gesungen werden, von Rico begleitet, und war schon den ganzen Abend ein Lärm gewesen, so kamen nun die Gemüter erst noch recht ins Feuer und es ging zu, daß Rico ein paarmal dachte: jetzt fahren sie aufeinander und schlagen sich alle tot. Aber es war alles in Freundschaft gemeint. Und ihm selbst wurde eine so ohrenzerreißende Anerkennung gespendet, daß er nur immer dachte: wenn's doch bald fertig wäre, denn nichts war dem Rico so tief zuwider, wie ein großer Lärm.

Am Abend sagte die Wirtin zu ihrem Manne: „Hast's gesehen? Schon das nächste Mal brauchen wir nur noch zwei Geiger.“

Und der Mann war sehr zufrieden und sagte: „Man muß dem Buben etwas geben.“

Zwei Tage nachher war Tanz droben in Desenzano, und Rico wurde auch mit den Geigern hingeschickt; jetzt konnte man ihn schon ausleihen. Es war da derselbe Lärm und Spektakel, und wenn auch das Peschiera-Lied nicht mußte gesungen werden, so ging es nun über anderen Dingen

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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_074.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)