Seite:De Heimatlos (Spyri) 106.jpg

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eine schwarze Wolke über sein Gesicht gekommen. Er sagte kurz: „Gute Nacht!“ und ging hinaus. Aber das Stineli lief ihm nach und im Garten nahm es ihn bei der Hand und sagte: „Nun darfst du nicht traurig werden, Rico; es ist so schön hier, ich kann dir gar nicht sagen, wie es mir gefällt und wie froh ich bin, und das habe ich alles dir zu danken. Und morgen kommst du wieder und alle Tage; freut es dich nicht, Rico?“

„Ja“, sagte er und schaute das Stineli ganz schwarz an, „und alle Abende, wenn's am schönsten ist, muß ich fort und weg und gehöre zu niemandem.“

„Ach, so mußt du nicht denken, Rico“, ermunterte ihn Stineli; „nun haben wir doch immer zueinander gehört und ich habe mich drei Jahre lang immer darauf gefreut, wenn wir wieder einmal zusammenkommen werden, und wenn es daheim manchmal so zuging, daß ich lieber nicht mehr hätte dabei sein wollen, dann dachte ich immer: Wenn ich nur einmal wieder mit dem Rico sein könnte, so wollte ich alles gern tun. Und nun ist alles so gekommen, daß ich gar keine größere Freude wüßte, und jetzt willst du dich gar nicht mit mir freuen, Rico?“

„Doch, ich will“, sagte Rico und schaute das Stineli heller an. Er gehörte doch zu jemand, Stinelis Worte hatten ihn wieder ins Gleichgewicht gebracht. Sie gaben einander noch einmal die Hand, dann ging der Rico zum Garten hinaus!

Als Stineli in die Stube zurückkam und nach der Mutter Anweisung dem Silvio „Gute Nacht“ sagen wollte, da ging ein neuer Kampf an; er wollte es durchaus nicht von sich weglassen und rief ein Mal ums andere: „Das Stineli muß bei mir bleiben und immer an meinem

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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_106.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)