Seite:De Kafka Brief an den Vater 023.jpg

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was Du mir zuriefst, geradezu Himmelsgebot, ich vergass es nie, es blieb mir das wichtigste Mittel zur Beurteilung der Welt, vor allem zur Beurteilung Deiner selbst, und da versagtest Du vollständig. Da ich als Kind hauptsächlich beim Essen mit Dir beisammen war, war Dein Unterricht zum grossen Teil Unterricht im richtigen Benehmen bei Tisch. Was auf den Tisch kam, musste aufgegessen, über die Güte des Essens durfte nicht gesprochen werden - Du aber fandest[1] das Essen oft ungeniessbar nanntest es „das Fressen“, das „Vieh“ (die Köchin) hatte es verdorben. Weil Du entsprechend Deinem kräftigen Hunger und Deiner besonderen Vorliebe alles schnell, heiss und in grossen Bissen gegessen hast, musste sich das Kind beeilen, düstere Stille war bei Tisch, unterbrochen von Ermahnungen: „zuerst iss, dann sprich“ oder „schneller,


  1. korr.Quelle: fandst
Empfohlene Zitierweise:
Franz Kafka: Brief an den Vater, Seite 6c. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kafka_Brief_an_den_Vater_023.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)