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mit Hobelspänen schon gefüllt, zeigte und sprach: „mein liebster Benjamin, die hat dein Vater für dich und deine elf Brüder machen lassen, denn wenn ich ein Mädchen zur Welt bringe, so sollt ihr allesammt getödtet und in den Särgen da begraben werden.“ Da sagte der Sohn: „weine nicht, liebe Mutter, wir wollen uns helfen und wollen fortgehen.“ Sie sprach: „geh mit deinen elf Brüdern hinaus in den Wald, und einer setze sich immer auf den höchsten Baum, der zu finden ist und halte Wacht und schaue nach dem Thurm hier im Schloß. Gebär ich ein Söhnlein, so will ich eine weiße Fahne aufstecken und dann dürft ihr wieder kommen; gebär ich ein Töchterlein, so will ich eine rothe Fahne aufstecken, und dann flieht fort und der liebe Gott behüt euch. Alle Nacht will ich aufstehn und für euch beten: im Winter, daß ihr an einem Feuer euch wärmen könnt, im Sommer, daß ihr nicht in der Hitze schmachtet.“

Nachdem sie also ihre Söhne gesegnet hatte, gingen sie hinaus in den Wald. Einer hielt um den andern Wacht, fast auf der höchsten Eiche und schauete nach dem Thurm. Als elf Tage herum waren und die Reihe an Benjamin kam, da sah er wie eine Fahne aufgesteckt wurde, es war aber nicht die weiße, sondern die rothe Blutfahne, die verkündigte, daß sie alle sterben sollten. Wie die Brüder das nun hörten, wurden sie zornig und sprachen: sollten wir um eines Mädchens willen den Tod leiden; nun schwören wir, daß wo uns eins begegnet, wir uns rächen und sein rothes Blut fließen lassen.“

Darauf gingen sie tiefer in den großen Wald hinein und

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V1_049.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)