Seite:De Kinder und Hausmärchen Grimm 1819 V2 236.jpg

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Nun schliefen sie hart bis ein Viertel vor zwölf, da war der Zauber kraftlos und sie erwachten alle wieder. „O Jammer und Unglück, rief der Königssohn, nun bin ich verloren!“ Die treuen Diener fingen auch an laut zu klagen, aber der Horcher sprach: „seyd einmal still, ich will horchen,“ da horchte er einen Augenblick und dann sprach er: „sie sitzt in einem Felsen dreihundert Stunden von hier und klagt über ihr Schicksal; nun kannst du helfen, Langer, wenn du dich aufrichtest, so bist du mit ein paar Schritten dort.“ „Ja, antwortete der Lange, aber der mit den scharfen Augen muß mitgehen, damit wir den Felsen wegschaffen.“ Da huckte der Lange den mit verbundenen Augen auf, und im Augenblick, wie man eine Hand umwendet, waren sie vor dem verwünschten Felsen. Alsbald nahm der Lange dem andern die Binde von den Augen, dieser schaute sich um und sogleich zersprang der Felsen in tausend Stücke. Da nahm der Lange die Jungfrau auf den Arm, trug sie in einem Nu zurück und kam wieder und holte auch noch seinen Kameraden und eh es zwölfe schlug, saßen sie alle wieder, wie vorher und waren munter und guter Dinge. Im Schlag zwölf schlich die alte Zauberin herzu mit einem höhnischen Gesicht, als wollte sie sagen, nun ist er mein, und glaubte nicht anders, als ihre Tochter sitze dreihundert Stunden weit, im Felsen; aber wie sie herbei kam und ihre Tochter in den Armen des Königssohns sah, erschrak sie und sprach: „da ist einer, der kann mehr als ich!“ Aber sie durfte nichts einwenden und mußte ihm die Jungfrau zusagen. Doch sprach sie ihr ins Ohr: „es ist eine Schande für dich, daß du so durch seine

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V2_236.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)