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9.


Die himmlische Hochzeit.


Es hörte einmal ein armer Bauernjunge in der Kirche, wie der Pfarrer sprach: „wer da will ins Himmelreich kommen, muß immer gerad aus gehen.“ Da machte er sich auf und ging immer zu, ganz gerade ohne abzuweichen, über Berg und Thal. Endlich führte ihn sein Weg in eine große Stadt und mitten in die Kirche, wo eben Gottesdienst gehalten wurde. Wie er nun all die Herrlichkeit sah, meinte er, nun wäre er im Himmel angelangt, setzte sich hin und war von Herzen froh. Als der Gottesdienst vorbei war und der Küster ihn hinausgehen hieß, antwortete er: „nein, ich gehe nicht wieder hinaus, ich bin froh, daß ich endlich im Himmel bin.“ Da ging der Küster zum Pfarrer und sagte ihm, es wäre ein Kind in der Kirche, das wolle nicht wieder heraus, weil es glaube, es wäre da im Himmelreich. Der Pfarrer sprach: „wenn es das glaubt, so wollen wir es darin lassen.“ Darauf ging er hin und fragte es, ob es auch Lust hätte zu arbeiten? Ja, antwortete der Kleine, ans Arbeiten sey er gewohnt, aber aus dem Himmel ginge er nicht wieder heraus. Nun blieb er in der Kirche, und als er sah, wie die Leute zu dem Muttergottesbild mit dem Jesuskind, das aus Holz geschnitten war, kamen, knieten und beteten, dachte er, das ist der liebe Gott und sprach: „hör einmal, lieber Gott, was bist du mager! gewiß lassen dich die Leute hungern! ich will dir aber jeden Tag mein halbes Essen bringen.“ Von nun an brachte er dem Bilde jeden Tag die Hälfte

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V2_303.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)